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Genscher traf sich mit Walesa

■ Bundesaußenminister Genscher führte außerhalb des offiziellen Programms in Polen Gespräche mit der Führung von Solidarnosc / Erstmals Bundesverdienstkreuz für einen Polen / Genscher wirbt fürs Deutschtum

Warschau (dpa) - Bundesaußenminister Genscher ist am Dienstag in Warschau außerhalb des offiziellen Programms mit dem Vorsitzenden der verbotenen Gewerkschaft Solidarität, Lech Walesa, und anderen führenden Oppositionellen sowie Vertretern des „Deutschen Freundschaftskreises“ zusammengetroffen. Außerdem verlieh er dem katholischen früheren Abgeordneten und Primas–Berater, Professor Stanislaw Stomma, als erstem Polen das Bundesverdienstkreuz. Genscher hatte den Tag mit einer Kranzniederlegung an einem 70 Kilometer außerhalb Warschaus liegenden deutschen Soldatenfriedhof aus dem ersten Weltkrieg und dem Besuch am Grab des von Geheimdienstbeamten ermordeten Priesters Jerzy Popieluszko begonnen. Der polnische Regierungssprecher Urban äußerte an diesem Besuch deutliche Kritik. Man habe den Eindruck, daß alle Politiker aus den NATO–Ländern einen solchen Besuch zu ihrem Ritual gemacht hätten. Walesa versicherte zu Beginn der Unterredung in der Residenz des deutschen Botschafters, er freue sich, Genscher den Standpunkt der Solidarnosc über die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Lage in Polen darlegen zu können. An der Unterredung nahmen die Berater Wale sas, Tadeusz Mazowiecki, Bronislaw Geremek und Janusz Onyszkiewicz, teil. Walesa war nach Warschau gekommen, obwohl sein Antrag auf Urlaub abgelehnt worden war. Wie der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Jürgen Chrobog, mitteilte, hatte Genscher vorher mit zwölf Mitgliedern des „Freundschaftskreises“ gesprochen. Die meisten Mitglieder des „Deutschen Freundschaftskreises“ wohnen in Oberschlesien. Genscher habe, wie schon zuvor bei den Gesprächen mit der polnischen Regierung, den Wunsch geäußert, daß den in Polen verbleibenden Deutschen die Möglichkeit zu einer freien Entfaltung ihrer deutschen kulturellen und sprachlichen Traditionen gegeben werde. Höhepunkt der politischen Gespräche Genschers in Polen heute, dem letzten Besuchstag, eine Unterredung mit Staats– und Parteichef Wojciech Jaruzelski. Kommentar Seite 4

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