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Genosse Krenz schweigt vor sich hin

■ Zur Anklageverlesung nannte er nicht einmal seinen Namen

Berlin (dpa) – Egon Krenz (58) verweigerte gestern vor dem Landgericht, Angaben zu seiner Person zu machen. Im Prozeß gegen den ehemaligen DDR-Staats- und Parteichef und fünf weitere SED-Politbüromitglieder bestand er darauf, daß er neben der Nennung von seinem Geburtsdatum, dem Wohnort und seinem Beruf auch eine persönliche Erklärung abgeben wolle. Dies lehnte das Gericht ab, zunächst sollte die Anklage verlesen werden.

Zur Person befragt, erklärte Krenz dem Vorsitzenden Richter Josef Hoch: „Sie wissen doch, ich bin Egon Krenz.“ Solange ihm nicht die Möglichkeit gegeben werde, sich zu der Unrechtmäßigkeit der Anklage zu äußern, werde er nichts sagen. Das Gericht stellte die Personalien nach der Aktenlage fest. Alle übrigen Angeklagten – darunter auch SED-Chefideologe Kurt Hager (83) und Ost- Berlins Bezirkschef Günter Schabowski (67) – gaben willig über ihre Identität Auskunft. Am nächsten Donnerstag soll die Anklage verlesen werden. Darin wird den Beschuldigten bis zu 49facher Totschlag an DDR-Flüchtlingen zur Last gelegt. Gestern hatte der Verteidiger von Krenz das Gericht als befangen abgelehnt. Grund war, daß die Kammer schon am letzten Verhandlungstag, als es mit der Feststellung der Identität der Angeklagten begann, keine weiteren Erklärungen der Anwälte entgegennehmen wollte.

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