: Generationswechsel bei den Stromrebellen
ÖKOENERGIE Gründerehepaar Sladek übergibt die Geschäfte zum Jahresende an seine beiden Söhne. Mittlerweile beziehen mehr als 150.000 Kunden grünen Strom der Elektrizitätswerke Schönau
FREIBURG taz | Bei den Elektrizitätswerken Schönau (EWS) steht ein Generationswechsel bevor: Das Gründerehepaar Ursula und Michael Sladek, beide Jahrgang 1946, zieht sich zum Jahresende aus dem operativen Geschäft des Bürgerunternehmens zurück. Das gab der Aufsichtsrat der Netzkauf EWS eG am Freitagabend auf der Generalversammlung in Schönau bekannt.
Der vollbärtige Dorfarzt und die Lehrerin waren über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg die charismatischen Repräsentanten der Schönauer Stromrebellen. Nun rücken an ihre Stelle im Vorstand der Genossenschaft die beiden Söhne Alexander und Sebastian Sladek nach. Beide sind bereits seit mehreren Jahren als Geschäftsführer von Tochterfirmen der Netzkauf EWS tätig. Unverändert bleibt der Polizeibeamte Rolf Wetzel Mitglied des Vorstands. Ein vierter Vorstandsposten wurde unterdessen neu geschaffen: Armin Komenda, zuvor beim Badischen Genossenschaftsverband tätig, wurde zum Finanzvorstand ernannt.
Damit steht das Unternehmen vor dem größten personellen Umbruch seiner Geschichte. Begonnen hatte alles mit einer Elterninitiative gegen Atomkraft nach der Tschernobylkatastrophe 1986. Als dann in den frühen neunziger Jahren in Schönau ein neuer Konzessionsvertrag fällig wurde und die Kraftübertragungswerke Rheinfelden als bisheriger Versorger sich weigerten, auf die Lieferung von Atomstrom zu verzichten, starteten die Bürger das Projekt Netzkauf – sie traten an, die Stromversorgung in der damals 2.600 Einwohner zählenden Stadt selbst zu übernehmen. Die 5,7 Millionen Mark, die sie zum Kauf des Stromnetzes aufbringen mussten, bekamen sie dank bundesweiter Unterstützung zusammen. Und so konnten sie zur Jahresmitte 1997 – einmalig bis dato in Deutschland – ihr heimisches Stromnetz übernehmen.
Im Laufe der Jahre wurde aus dem kleinen Stadtwerk ein beachtliches Unternehmen. Denn nachdem im April 1998 der deutsche Elektrizitätsmarkt liberalisiert war, konnten die EWS ihren Strom – als „Rebellenkraft“ vermarktet – bundesweit verkaufen; die ungewöhnliche Historie des Unternehmens erwies sich nun als Wettbewerbsvorteil. Heute beziehen mehr als 150.000 Kunden EWS-Strom, knapp 10.000 Kunden ihr Erdgas. Die EWS-Gruppe, die über die Dachgesellschaft Netzkauf EWS eG rund 3.500 Genossenschaftsmitgliedern gehört, hat derzeit 93 Mitarbeiter. Das stets eindeutige energiepolitische Bekenntnis des Unternehmens zahlte sich wirtschaftlich aus: Während die großen Stromkonzerne heftig Federn lassen müssen, schreiben die Schönauer schwarze Zahlen: Der Gewinn stieg im Jahr 2013 auf 1,96 Millionen Euro, gegenüber 1,58 Millionen im Vorjahr.
BERNWARD JANZING