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Generalstreik? Alle verhaften!

■ Mit 25.000 Festnahmen will die Regierung des indischen Unionsstaats Tamil Nadu einem Generalstreik zuvorkommen / Indiens Opposition will Gandhis Rücktritt und Neuwahlen erzwingen

Neue Methoden zur Verhinderung von Generalstreiks scheint die Regierung im südlichen Unionsstaat Tamil Nadu zu erproben. Nach Angaben der Zeitung The Statesman wurden in den vergangenen Tagen rund 25.000 Regierungsgegner in Polizeigewahrsam genommen, nachdem acht Oppositionsparteien zum Generalstreik in Indiens Großstädten aufgerufen hatten. Mit dem Bharat Bandah, dem „Streik des armen Indien“, will die Opposition Gandhis Rücktritt und Neuwahlen erzwingen. Der Streik richtet sich gegen Inflation und Preiserhöhungen, die vor allem die Landbevölkerung treffen. Abtreten soll der Regierungschef außerdem, weil er und sein Kabinett in den Korruptionsskandal um Waffenlieferungen der schwedi schen Firma Bofors verwickelt sein sollen, sie mit den militanten Sikhs nicht fertig werden und eine schlechte Wirtschaftspolitik betreiben, verlautete aus Oppositionskreisen. Der Sekretär der Indischen Kommunistischen Partei, Joginder Sharma, bezeichnete den geplanten Ausstand in Neu Delhi als „den größten, den es je im Land gegeben hat“. Das öffentliche Leben soll in den Städten Neu Delhi, Bombay, Madras und Calcutta vollständig lahmgelegt werden, ausgenommen würden nur die Krankenhäuser. Sharma rechnet auch mit der Unterstützung einiger Bundesstaaten, in denen Oppositionsparteien regieren. Für ihre Forderungen nach Lohnerhöhungen wollen nach Angaben der indischen Presseagentur pti heute außerdem 700.000 Bergleute streiken, was für die staatliche Kohleindustrie einen täglichen Produktionsausfall von 13 Mio. Dollar bedeuten würde. Es gilt als möglich, daß sich der Streik auch auf die Elektrizitätsversorgung, die Stahl– und Zementindustrie und den Eisenbahnverkehr auswirkt. Bisher ist allerdings noch unklar, in welchem Ausmaße der „Streik Indiens“ eingehalten wird. Die Oppositionsparteien sind untereinander hoffnungslos zerstritten und konnten sich auch für den geplanten Generalstreik auf keine einheitlichen Forderungen einigen. Mangels politischer Alternativen fürchtet Ministerpräsident Gandhi offenbar noch nicht um seine Macht. Informellen Berichten zufolge lehne er Neuwahlen nicht grundsätzlich ab.

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