: General als Staatschef
■ Algeriens Verteidigungsminister nominiert / „Tage der Macht gezählt“
Algier/Paris (AP/dpa) – Zwei Jahre nach dem Rücktritt von Chadli Bendjedid und der Machtergreifung der Streitkräfte hat Algerien wieder einen Staatspräsidenten – aus den Kreisen des Militärs. Der Sicherheitsrat aus Vertretern der Regierung und der Streitkräfte berief gestern Verteidigungsminister Liamine Zeroual für eine Übergangszeit von drei Jahren zum Präsidenten.
Der 53jährige General löst den Hohen Staatsrat ab, der nach der Annullierung der ersten Mehrparteien-Parlamentswahl als kollektives Staatsoberhaupt fungierte. Damals hatte sich zum Jahreswechsel 1991/92 ein Sieg der Islamischen Heilsfront (FIS) abgezeichnet. Seitdem befindet sich das Land im Dauerkonflikt mit den Islamisten, die in den Untergrund gegangen sind.
Der neue Staatspräsident sollte ursprünglich in der vergangenen Woche auf einer nationalen Versöhnungskonferenz bestimmt werden, zu der die verbotene FIS nicht eingeladen war und der alle relevanten Parteien ferngeblieben waren. Nachdem der ehemalige Außenminister Abdelaziz Bouteflika seine Kandidatur zurückgezogen hatte, ging die Versammlung ergebnislos auseinander. Der Sicherheitsrat beschloß daraufhin, den neuen Staatschef selbst zu bestimmen. Die Nominierung stand unter Zeitdruck, da am heutigen Montag die Amtszeit des Hohen Staatsrats ausläuft. General Zeroual soll heute vereidigt werden.
Der in Deutschland lebende Auslandschef der FIS, Rabah Kebir, wies gestern in einem „Kommuniqué Nummer 10“ darauf hin, daß die jetzige Staatsmacht in Algerien keinerlei Legitimation habe „und daß ihre Tage gezählt sind“. Gleichzeitig begrüßte er, daß die Junta, die Algerien regiere, mit dem „Theaterstück“ der Nationalkonferenz eine schwere Niederlage erlitten habe. Vergeblich habe sie ihren Institutionen den Anschein der Legitimität geben wollen. Die Standfestigkeit der politischen Parteien registriere die FIS mit Zufriedenheit.
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