: General Suchinda ohne politische Zukunft
■ Die Opposition in Thailand setzt ihre Massenproteste aus/ Regierung sagt Verfassungsänderungen zu/ Ministerpräsident soll künftig gewähltes Mitglied des Parlaments sein/ Notfalls sollen die Massendemonstrationen wieder aufgenommen werden
Bangkok (afp) — Thailands Regierungschef General Suchinda Kraprayoon hat nach den Massenprotesten der Opposition kaum noch Aussicht, sich politisch halten zu können. Auch wurde am Montag in Bangkok zunehmend die Position des Militärs in Frage gestellt, das mit seinem 16. Putsch seit 1932 im Februar 1991 die Macht in dem südostasiatischen Land übernommen hatte.
Die thailändische Opposition brach am Montag ihre Protestbewegung vorerst ab, nachdem die vom Militär gestützte Regierung die geforderten Verfassungsänderungen zugesagt hatte. Wie die Organisatoren einer Menge von etwa 50.000 Demonstranten mitteilten, soll der Ministerpräsident künftig ein gewähltes Mitglied des Parlaments sein. Damit wäre Regierungschef Suchinda zum Rücktritt gezwungen. Denn der General war nach den Parlamentswahlen Ende März dieses Jahres von den Koalitionsparteien für das Amt bestimmt worden, obwohl er selbst bei den Wahlen nicht kandidiert hatte.
Suchinda gilt als Drahtzieher des Militärputsches im vergangenen Jahr. Beobachter erwarten vor diesem Hintergrund den Rücktritt Suchindas in den kommenden Wochen oder Monaten. Der General sei nun eine „lahme Ente“. Je schneller er gehe, desto besser für ihn und das Land, hieß es in Kommentaren übereinstimmend.
Am Sonntag Abstimmung im Parlament
Die Organisatoren der vor einer Woche begonnenen Massenproteste — Oppositionsparteien, Akademiker und Studentenorganisationen — kündigten am Montag die Fortsetzung der Aktionen an, sollten die Verfassungsänderungen keine Mehrheit im Parlament finden. Die Änderungsvorschläge sollen den Abgeordneten am kommenden Sonntag unterbreitet werden. Zu den geforderten Reformen gehört auch die Beschneidung der Vollmachten des vom Militär ernannten Senats.
Hunderttausend auf den Straßen Bangkoks
Allgemein wurden die Zusagen der Regierung als Schwächung der Streitkräfte gewertet. Das Militär habe sich völlig überschätzt, sich dabei auf eine langjährige Regierungszeit eingerichtet und dabei die Opposition völlig unterschätzt, sagten Diplomaten.
Eine Woche lang hatten Zehntausende von Menschen in den Straßen Bangkoks gegen die Regierung protestiert. Es waren die größten Demonstrationen in Thailand seit 1976, die damals von der Polizei gewaltsam unterdrückt worden waren. Es hatte Dutzende Tote gegeben. Am Freitag schien es eine Zeitlang so, als ob sich das Blutbad wiederholen könnte, als 100.000 Kundgebungsteilnehmer auf dem Weg zum Parlament von über tausend Polizisten und Soldaten gestoppt wurden. Suchinda hatte die Sicherheitskräfte jedoch gemahnt, keine Gewalt einzusetzen. Im Laufe der Nacht zogen dann Zehntausende Demonstranten friedlich ab.
Oppositionsführer Chamlong, der am Samstag einen fünftägigen Hungerstreik beendet hatte, hatte wenige Stunden zuvor noch angekündigt, die Protestaktionen würden fortgesetzt. Gleichzeitig hatte er jedoch auf seine Forderung verzichtet, Suchinda müsse zurücktreten. „Suchinda wird eines Tages zurücktreten müssen, aber nicht notwendigerweise sofort“, sagte er gegenüber Journalisten. Der 57jährige frühere Gouverneur von Bangkok hatte seinen Hungerstreik damit begründet, er wolle den Ministerpräsidenten zum Rücktritt zwingen.
Die Aktien klettern wieder nach oben
Nach den ersten Meldungen, die Opposition beende ihren Protest, kletterte der Aktienindex in Bangkok prompt wieder mit vierzig Punkten nach oben. Nachdem der 58jährige General Suchinda die Macht in Thailand übernommen hatte, war die Börse um über 100 Punkte in den Keller gerutscht. Suchinda war im April von einer Fünf-Parteien- Koalition, die dem Militär nahesteht, als Regierungschef eingesetzt worden. Ursprünglich sollte Narong Wongwan Ministerpräsident werden, doch die US-amerikanische Regierung in Washington warf dem Geschäftsmann Verstrickung in den internationalen Drogenhandel vor.
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