Gellender Monolog vom Schmerzensmann

■ Das Noise-Trio Barkmarket mit verschränkten Fugen und konzeptuellen Scherzen

Irgendsoetwas wie „die Cpt. Beefheart der urbanen Noise-Dekonstruktion“ habe dieser Diedrich Diederichsen damals über seine Musik gesagt. Harharhar, das habe ihm gefallen, dabei sei er eigentlich nur auf der Suche nach einer richtigen Band gewesen. Die Rede ist vom Jahre 1991, und bereits damals war Dave Sardy mit seinem psychotischen Garagen-Industrial in Noise-Kreisen so etwas wie ein ängstlich bestauntes Fabelwesen. Die Kreise waren allerdings ebenso klein wie die Werke von Sardys Projekt Barkmarket zerfurcht und verworren.

Heute sind Barkmarket eine der infektiösesten Bandformationen des Genres und Fans sprechen von Sardy nur noch ehrfürchtig als IHM. ER, sagen sie, habe ihren verstörten Seelen den ultimativen Soundtrack geschenkt. SEIN Groove sei die apokalyptische Walze, SEIN Sound wie eine unentrinnbare Saugvorrichtung. Daß Sardy das neue Barkmarket-Album auf den Namen L.Ron getauft hat, ist natürlich nur ein kleiner konzeptueller Scherz und dem Spaß des Meisters an kultigen Verschwörungstheorien geschuldet.

Aber nicht umsonst schreiben ihm verwirrte US-Teenager seitenlange Briefe, in denen von Erleuchtung durch, mit und in Barkmarket die Rede ist. Und nicht umsonst waren verzweifelte New Yorker Fans drauf und dran, Page Hamilton von der Bühne zu zerren, als dieser bei einem Konzert verkündete, Sardy sei soeben seiner Band Helmet beigetreten und Barkmarket hätten sich aufgelöst. Ein Grad der Fanatisierung, den wir sonst nur von der Boygroup-Front kennen, und der sein Epizentrum in der bewußtseinsraubenden Wirkung hat, die das Dauerbombardement mit schweren, ineinander verschränkten Fugen aus Bass/Gitarren-Schleifen und monologischem Gellen von Schmerzensmann Sardy beim Hörer verursachen.

Beim letzten Konzert des Trios aus Brooklyn vor zwei Jahren sah die kleine Markthalle gerade mal 50 zahlende Gäste, die aber wurden mit weit aufgerissenen Augen wehrlose Opfer eines Mahlstroms aus brachialem Noise und peinigender Unruhe. Sie kommen wieder. Christoph Twickel

Mo, 17. Juni, 21 Uhr, Knust