Geld für Brennpunktschulen: Der Weihnachtsmann ist da!
Die SPD will 100.000 Euro jährlich für jede Problemschule. Der Finanzsenator signalisiert dafür Bereitschaft.
Was für eine Weihnachtsüberraschung: Zusätzliches Geld soll es künftig für Schulen geben, die mit besonderen Problemen zu kämpfen haben. Dazu gehören etwa ein hoher Anteil von Kindern nicht deutscher Herkunftssprache oder aus armen Familien oder eine hohe Zahl von SchulabbrecherInnen. Diesen Vorschlag machten der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) und der Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD, Raed Saleh, bei einer Reise in die niederländische Metropole Rotterdam, wo sich Heinz Buschkowsky bereits früher mit politischen Anregungen eindeckte – etwa die, Schulschwänzer von der Polizei in die Schule bringen zu lassen.
Mindestens 100.000 Euro jährlich extra für Schulen in schwierigen Lagen, lautet der Verschlag der beiden Sozialdemokraten. Das Geld soll den Schulen zur freien Verfügung stehen. Sie könnten damit etwa zusätzliche Lehrkräfte oder SozialpädagogInnen beschäftigen, sagt Raed Saleh, aber auch Fortbildungen für Lehrkräfte finanzieren: Das müsse sich nach dem jeweiligen Bedarf der Schule richten und solle „von Experten entschieden werden“, so Saleh. „Wichtig ist, dass wir mit dem Geld die Startchancen benachteiligter Schülerinnen und Schüler verbessern.“ Auch, ob das Geld gleichmäßig an Grund- und Oberschulen oder je nach besonderem Bedarf vergeben würde, will der Fraktionsvorsitzende der Expertise von Fachleuten überlassen. Die Senatsbildungsverwaltung habe bereits Kontakt zu ihm aufgenommen, „um gemeinsame Vorschläge zu formulieren“, so Saleh.
Sie freue sich, sagt Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) zu dem Vorschlag ihrer Parteigenossen, „wenn Schulen in schwieriger Lage zusätzlich unterstützt werden“. Seit Oktober entwickelt eine Arbeitsgruppe in der Senatsbildungsverwaltung Kriterien, mit denen besonders problembelastete Schulen definiert werden können. Schon jetzt erhalten Schulen mit hohen Anteilen von Kindern nicht deutscher Herkunftssprache oder mit Befreiung von der Zuzahlung zu Lernmitteln besondere Unterstützung durch zusätzliche Lehrerstunden.
Auch Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) reagiert positiv: Er halte den Vorschlag für „sehr interessant“, so Nußbaum. „Wir sollten gemeinsam im Senat versuchen, in den kommenden Haushaltsberatungen dafür Verstärkungsmittel einzuplanen.“ Denn „der Grundstein für Bildung, Erfolg im Beruf und damit für die Integration in die Gesellschaft“ werde in den Kitas und Schulen gelegt, so der Finanzsenator. „Das gilt besonders für Kinder mit schlechten Startchancen. Wenn wir mit gezielten Investitionen dazu beitragen können, die Lebenschancen dieser Kinder zu erhöhen, ist das für mich gut angelegtes Geld.“ Die Haushaltsverhandlungen für die Jahre 2014 und 2015 beginnen auf Senatsebene im kommenden Frühjahr.
VertreterInnen von Schulen reagieren mit Überraschung bis Skepsis auf den Vorschlag. Sie sei „ja eigentlich schon zu alt, um an den Weihnachtsmann zu glauben“, sagt etwa Inge Hirschmann, Vorsitzende des Berliner Grundschulverbandes und Leiterin der Kreuzberger Heinrich-Zille-Grundschule. Die Idee, Problemschulen finanziell zu unterstützen, „kann ja eigentlich keiner schlecht finden“. Doch es brauche mehr, „damit Schulen leisten können, was sie leisten sollen: nämlich allen Kindern, ob armuts- oder sonst wie behinderten den Anschluss zu ermöglichen“, sagt Hirschmann. „Geldpakete“ ersetzten dabei keine „vernünftige Grundfinanzierung“, so die Schulleiterin.
Ähnlich reagiert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Es sei „begrüßenswert“, sagt Tom Erdmann, Pressesprecher der GEW Berlin, dass der Senat sich der Probleme von Schulen in sozialen Brennpunkten annehme. „Damit ist er aber nicht aus der Verantwortung für alle Schulen.“
Wichtig sei, dass „die Schulen sich auf die zusätzlichen Mittel verlassen können und nicht jedes Jahr bangen müssen, ob und wie viel Geld sie bekommen werden“, ergänzt die Berliner GEW-Vorsitzende Sigrid Baumgardt. Das will auch der SPD-Fraktionsvorsitzende. Und noch mehr: 100.000 Euro jährlich pro Schule seien „Minimum“, so Saleh: „Sonst bringt das gar nichts.“
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