Geisel in Afghanistan: Entführter: "Sie wollen mich töten"
In Afghanistan verschleppter Ingenieur bittet per Telefon um Hilfe. Zwei koreanische Geiseln kommen unterdessen frei
KABUL/BERLIN ap/afp/dpa Der in Afghanistan verschleppte Deutsche hat der Nachrichtenagentur AP in Kandahar mit Billigung der Taliban eine Nachricht zukommen lassen. Die Entführer riefen am Montagmorgen bei AP an, was sie öfters tun, doch erstmals holten sie dann ihre Geisel ans Telefon. Rudolf B. sprach in einem teilweise schwer verständlichen Englisch und mit angeblich starkem deutschen Akzent. Er identifizierte sich zunächst mit seinem Namen und Wohnort. Dann sagte er:
"Bitte geben Sie diese Nachricht an die deutsche Botschaft und an meinen Sohn Markus weiter. Ich lebe mit den Taliban in den Bergen. Ich bin in großer Gefahr, und ich bin sehr krank. Ich habe ein Herzproblem, und ich lebe damit in den Bergen mit sehr wenig Medizin.
Die Taliban wollen mit Kabul sprechen und mit den Menschen, wie sie in dem Kabuler Büro an dieser Angelegenheit zwischen mir und den Taliban arbeiten. Und sie wollen mit der Regierung in Kabul sprechen.
Aber ich bin sehr traurig, weil die Regierung in Kabul und die deutsche Botschaft meine Stimme nicht gehört haben und meinen Hilferuf aus den Bergen. Denn mein Leben ist in großer Gefahr.
Die Taliban wollen mich töten. Ich wünsche mir vom afghanischen und vom deutschen Volk, dass sie in dieser Angelegenheit alles versuchen, um mich lebendig von den Taliban zu befreien."
Der 62-jährige deutsche Bauingenieur war Mitte Juli zusammen mit einem Kollegen entführt worden. Dieser wurde von den Geiselnehmern erschossen, nachdem er einen Zusammenbruch erlitten hatte.
Im Fall der ebenfalls in Afghanistan entführten Südkoreaner gibt es eine gute Nachricht: Zwei der 21 südkoreanischen Geiseln haben die Taliban am Montag freigelassen. Die beiden Frauen sind angeblich schwer krank. Sie wurden dem Stammesältesten und Vermittler in dem Geiseldrama, Hadschi Sahir, übergeben.
Sie schienen guter Gesundheit zu sein und würden in Kürze dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes übergeben, sagte Sahir. Den Angaben zufolge befand sich der Stammesälteste zusammen mit den Südkoreanern im Auto auf dem Weg nach Ghasni in der gleichnamigen Provinz, in der die Gruppe von ursprünglich 23 christlichen Aufbauhelfern aus Südkorea am 19. Juli verschleppt worden war.
Eine Frau, die nach eigenen Angaben eine der freigelassenen Geiseln und im Auto auf dem Weg nach Ghasni war, sagte am Telefon, sie und die zweite Geisel seien "okay".
Die Regierung in Seoul hat die Freilassung bestätigt. Die beiden Frauen befänden sich an einem sicheren Ort, teilte ein Sprecher des Außenministeriums in Seoul gestern Nachmittag mit.
Der Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi bezeichnete die Freilassung als eine "Geste des guten Willens". Er sagte, die Treffen zwischen Vertretern der Taliban und den Unterhändlern der südkoreanischen Regierung über die Freilassung der verbleibenden 19 Geiseln dauere an. Man hoffe "bald auf ein positives Ergebnis".
Zwei männliche Mitglieder der koreanischen Gruppe sind bereits erschossen worden. Die Taliban haben mit der Ermordung der restlichen Geiseln gedroht, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Die Regierung in Kabul hat es bislang abgelehnt, im Austausch für die Geiseln inhaftierte Islamisten freizulassen.
Als Folge der Geiselnahme hat Südkorea alle Hilfsorganisationen des Landes angewiesen, Afghanistan bis Ende des Monats zu verlassen. Die Regierung werde zu gegebener Zeit entscheiden, wann sie wieder zurückkehren könnten, sagte ein Sprecher der südkoreanischen Botschaft in Kabul.
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