■ Geheimnisse der guten Schokolade: Immer nur konchieren
Die edelsten Weine eines Anbaugebiets nennt man Grand Crû. Bei der Schokolade ist es genauso. Eine Grand-Crû- Schokolade ist die Guanaja mit Bohnen aus südamerikanischen Anbaugebieten, tiefbraun und bitter, eine andere die Manjari von den Inseln des Indischen Ozeans, die durch einen fruchtigen Geschmack besticht. Sie enthalten zu 65 bis 70 Prozent puren Kakao. Der wiederum besteht teils aus der Kakaomasse, die den Geschmack gibt, und der Kakaobutter, die den Schmelz bewirkt. Weitere Bestandteile: Zucker und ein Hauch von Lecithin, um die Masse zu stabilisieren – sonst nichts. Nach dem Rösten folgt der wichtigste Teil der Verarbeitung: das „Konchieren“, also das Rühren. Nur wer sich dafür Tage Zeit nimmt, bekommt feine, fließfähige Schokolade. Möchte man es schneller und billiger haben, muß man mehr Fett, also Kakaobutter, zufügen, was leider dem Geschmack abträglich ist. Oder die Schokolade wird bröselig.
Die edlen Schokoladen haben ihren Preis. 1,50 Mark für 100 Gramm Rohschokolade rechnet der Hamburger Star- Konditor Adolf Andersen als Einkaufspreis – man vergleiche dies mit den Preisen, die der Konsument für eine Supermarkt-Schokolade hinzulegen bereit ist. Darum gibt es in Deutschland auch keinen Hersteller edler Schokolade. Andersen bezieht das Material für seine Pralinen und Torten aus Frankreich; andere Confisiers schwören auf belgische oder Schweizer Hersteller.
Und was, wenn man die Kakaobutter durch billiges Kokosfett ersetzt, wie es die EU vielleicht bald zuläßt? „Das ist dann Fettglasur; Schokolade sollte man das nicht nennen“, entrüstet sich Andersen. Kokosfett muß erst durch chemische Zusätze gehärtet werden, während Kakaobutter von sich aus die richtige Konsistenz hat und just bei Körpertemperatur, also im Mund, so zart dahinschmilzt. Und nach Kakao schmeckt es natürlich auch nicht. Der EU- Vorstoß zeige nur eins: daß Fachgeschäfte für feine Schokolade künftig noch wichtiger sein werden. Und die hohen Preise? „Schokolade gehört ja nicht zur Ernährung“, betont Andersen. „Sie ist ein reiner Genuß.“ Nicola Liebert
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