: Gegen die Hungersnot: Insekten für Afrika
Mit einem mutigen Konzept und einem gewaltigen Tabubruch hat die UNO einen neuen Ernährungsplan vorgestellt
Nach Brot für die Welt, nach der Welthungerhilfe, nach den Kinderpatenschaften und all den anderen hilflosen Versuchen, Armut, Elend und Hunger in Afrika zu bekämpfen, hat die UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) jetzt einen neuen, extrem brillanten und dabei auf der Hand liegenden, wenn nicht sogar vor der Nase schwirrenden Vorschlag zur Lösung des Problems unterbreitet: Die Afrikaner sollen mehr Insekten essen. Insekten können nämlich wegen ihres hohen Nährwerts die Lebensmittelversorgung deutlich nach oben schrauben. Nicht umsonst sind Raupen und Maden heute bereits die Hauptmahlzeit in einigen zentralafrikanischen Ländern. Wenn also die Grundversorgung der Afrikaner mit den proteinhaltigen Leckerbissen noch ausgebaut werden könnte, so die FAO, dann kann es nicht mehr lange dauern, dass einem auf dem Kontinent zwar keine gebratenen Tauben, aber anderweitig reichhaltiges Geflügel in den Mund brummt.
Die Idee eröffnet nicht nur für unsere afrikanischen Mitmenschen ungeahnte Perspektiven, sondern ist auch geeignet, uns reiche Bürger der Wohlstandsgesellschaften kurz innehalten zu lassen. Hatten wir nicht bisher noch jede Fliege oder Mücke, die an der Schlafzimmerdecke zerschellt war, achtlos abgekratzt und weggewischt, ohne an die Not leidenden Schwarzen zu denken? Riefen wir nicht immer gleich nach dem Kammerjäger, sobald eine Ameise die Dielenritze querte, anstatt die Botschaft eines afrikanischen Landes zu verständigen? Metzelten wir in der allerbesten Zwetschgenkuchenzeit nicht zum reinen Privatvergnügen anfliegende Wespen einfach nieder, und zwar in einer Größenordnung, die gereicht hätte, die Versorgung der Bevölkerung eines mittelgroßen afrikanischen Landes dauerhaft zu sichern?
„Mit Fleischeinwaage“ hieß es bisher abwertend, wenn Obst und Gemüse von Maden befallen waren. Manche Europäer hatten ein schlechtes Gewissen, wenn sie an die verdorbenen Lebensmittel weit jenseits des Haltbarkeitsdatums dachten, die nach Afrika geschickt wurden. Skrupel, die nun der Vergangenheit angehören. Maden, Würmer, Raupen, Fliegen – sie sind das Sahnehäubchen der afrikanischen Küche, wenn die Visionen der FAO Wirklichkeit werden.
Auch wir Deutsche sollten unsere vornehme Zurückhaltung in diesem Bereich aufgeben und überlegen, welchen Beitrag wir leisten können, um Afrikanern hierzulande das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Unhaltbare hygienische Zustände im Ausländerwohnheim sind kein Grund, gleich zur chemischen Keule zu greifen – eine bereitgestellte Fritteuse ist Hilfe und Anregung zugleich. Eine Schabenkolonie unter dem heimischen Kühlschrank? Einfach ein paar Afrikaner von der Ausländerbehörde vorbeischicken lassen und sie mal richtig verwöhnen. Motten im Kleiderschrank, Milben im Teppich, der Holzwurm im Gebälk … Die Liste der Angebote ließe sich endlos fortsetzen. Deutschland ist ein reiches Land und sollte seinen Reichtum mit den Armen dieser Welt teilen.
Gibt es denn eigentlich schon einen Insektenbeauftragten im Entwicklungsministerium von, na wie heißt sie, Heidi Witzka-Dings? Auf den warten große Aufgaben. RAYK WIELAND