: Gegen das Gatt Fernzüge gestoppt
■ Französische Bauern-Demos gegen Agrarkompromiß
Paris (AFP/dpa/taz) – Mit Demonstrationen vor den Präfekturen und Blockaden von Fernzügen haben Bauern in ganz Frankreich gestern erneut gegen den Agrarkompromiß im Rahmen der Gatt- Verhandlungen protestiert. In mehreren Städten wie Lille, Amiens und Arras in Nordfrankreich oder Orleans an der Loire und Toulouse im Südwesten blockierten Hunderte von Traktoren den Verkehr, während die Demonstranten Agrarerzeugnisse an die Bevölkerung verteilten. Bei Valence im Rhonetal besetzten Bauern am Morgen die Gleise des TGV-Hochgeschwindigkeitszuges, was Verspätungen auf der Strecke zwischen Lyon und Marseille zur Folge hatte. Zwischen Bayonne und Toulouse in Südwestfrankreich hielten maskierte Landwirte mit Sperren aus brennenden Reifen die Züge auf. Bis Mittag kam es zu keinen Zusammenstößen mit der Polizei.
In Lille zogen die Demonstranten mit Spruchbändern vor die Präfektur und forderten „Nein zum US-Diktat“. In Perigueux und Cahors in Südwestfrankreich luden die Demonstranten zu Picknicks ein. Auch in der Bretagne und in der Normandie belagerten Demonstranten die Verwaltungsgebäude. In Beauvais in Nordfrankreich beteiligte sich auch das Personal einer Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen an der Kundgebung. Die Demonstranten wollten bis zum Abschluß der EG- Sondersitzung der Außen- und Landwirtschaftsminister in Brüssel ausharren.
Im umstrittenen Agrarabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den USA steckt ein Sprengsatz: Die Übereinkunft, die den Namen ihres Washingtoner Verhandlungsortes Blair- House trägt, kann den Bemühungen um ein neues Welthandelsabkommen beim Gatt in Genf ein rasches Ende bringen.
Bis zum 15. Dezember muß die sich seit sieben Jahren mühsam hinziehende Gatt-Runde zum Abschluß gebracht werden – danach kann einer der Hauptbeteiligten, die USA, aufgrund interner Begrenzungen nicht mehr am Verhandlungstisch sitzen. Bricht zwischen den USA und der EG erneut ein Agrarstreit aus, ist beim Gatt über den weltweiten Abbau der Handelshemmnisse neben Agrar in vielen anderen Sektoren keine Einigung zu erreichen.
An einen erfolgreichen Abschluß der sogenannte Uruguay- Runde im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (Gatt) knüpfen alle der insgesamt 108 beteiligten Nationen die Hoffnung auf eine „Konjunkturspritze“, die Experten auf rund 200 Milliarden Dollar schätzen.
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