Gefährlicher islamischer Untergrund: Das Risiko der Politiker

Das Beispiel Sherpao zeigt: Im pakistanischen Wahlkampf sind die Kandidaten noch gefährdeter als ohnehin schon.

Bedrohte Art: Pakistanische Politiker vom Schlage Sherpaos. Bild: dpa

DELHI taz Das Selbstmordattentat auf den früheren pakistanischen Innenminister Aftab Sherpao kommt nur wenige Tage nach der Aufhebung des Ausnahmezustands durch Präsident Pervez Musharraf. Zu diesem Anlass hatte Musharraf noch erklärt, nun werde die Gefahr durch terroristische Anschläge deutlich abnehmen. Eine fatale Fehleinschätzung.

Der Anschlag am Freitag in Charsadda ist bereits der dritte seit Beendigung des Ausnahmezustandes. Allerdings ist er auch der weitaus schwerste. Er zeigt, wie wenig der Ausnahmezustand mit der Bekämpfung des islamistischen Terrors zu tun hatte. Sherpao war als Innenminister zwar auch für die Terrorbekämpfung zuständig, spielte dabei aber eine eher untergeordnete Rolle. Präsident Musharraf hatte die Antiterrorpolitik zur Chefsache erklärt, und die wichtigsten Spionage- und Ordnungsdienste erstatteten ihm direkt Bericht.

Aber Sherpao war - und bleibt weiterhin - eine Zielscheibe möglicher Attentäter. Er ist ein gemäßigter Politiker, und er politisiert in der NWFP genannten Nordwestprovinz, in der Persönlichkeiten mit seinem Profil dünn gesät sind. Zudem hat er dort nicht nur in der islamistischen Szene viele Feinde, sondern auch bei den Parteien der Opposition. Von der Volkspartei PPP von Benazir Bhutto wird er als Verräter behandelt, weil er sich 2002 von der Partei losgesagt und mit einer Splittergruppe zur Musharraf-Koalition übergelaufen ist. Aber auch dort war er nur als Beschaffer wichtiger Abgeordnetenstimmen geschätzt. Und seitens der islamischen Parteien, die bis vor kurzem in der NWFP am Ruder waren und deren Sturz Sherpao mit ausgeheckt hatte, kann er nicht erwarten, dass sie ihm Warnungen über Attentatspläne hinterbringen. Mit dem Einsetzen der Übergangsregierung verlor Sherpao auch sein Ministeramt und damit wohl einen Teil des Schutzes, der ihn früher umgeben hat.

Sherpao befand sich auf einer Wahlkampftournee in seinem Wahlkreis, den er mit seiner PPP am 8. Januar 2008 wiedererringen möchte. Das Attentat mitten im Wahlkampf demonstriert erneut, wie hoch die Risiken sind, denen sich pakistanische Politiker gegenwärtig aussetzen. Die sind umso größer, als der islamistische Untergrund, der früher stark von den staatlichen Geheimdiensten protegiert und überwacht werden konnte, heute offen zum Feind des Staats avanciert ist. Dies birgt offensichtliche Vorteile, gehen die Behörden doch kompromissloser als früher dagegen vor. Es hat aber auch den Nachteil, dass die Gotteskrieger sich heute besser abschotten und Attentatspläne oft nicht mehr rechtzeitig aufgedeckt werden können.

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