Gedenken an Atari-Spielkonsole: Geschichten vom Krieg
Der Spielehersteller Atari stellt seine Produktion ein. Erinnerungen an eine unvergessene Feindschaft zwischen Atari-Usern und Amiga-Fans.
Der Computerspielhersteller Atari wird seine Produktion vollständig einstellen und keine neuen Spiele mehr entwickeln. Das teilte das französische Mutterhaus Infogrames Entertainment am Mittwoch mit.
In memoriam Atari: Strenge Demarkationslinien durchzogen in den 80ern und frühen 90ern die Schulhöfe. Ein Computer entschied damals darüber, in welchem Eck man auf dem Schulhof stand, mit wem man sprach und über wen man lästerte: Atari ST oder Amiga 500. Zwar wurden die meisten Spiele stets für beide Computer entwickelt - doch tauschen ließen sie sich nur innerhalb einer Gruppe. Die sozialen Kontakte waren damit klar determiniert. Freundschaften zwischen Amiga- und Atari-Usern gab es praktisch nicht. Es herrschte Stellungskrieg. Der Kampf wurde nicht zuletzt deshalb so erbittert ausgefochten, weil die Unterschiede zwischen beiden Computern höchstens marginal waren. Bei beiden waren die Ladezeiten so lange, dass man zwischen Einlegen der Diskette und Spielbeginn noch mit Mama das Abendessen herunterschlingen konnte. Die Grafik war pixelig, der Sound blechern und trotzdem saß man stundenlang davor und zockte "Pirates!", "The Last Ninja" und "Turrican 2". Schlechte Nachrichten (= Absturz) hießen beim Amiga 500 "Guru Meditation" und beim Atari ST "80-Bomben-Bus-Error" und beide waren in jedem Fall kultiger als ein schnöder Blue Screen. "Ja, aber!", würden die Atari-Jünger jetzt sagen: "Ja, aber der Atari ST besaß eine eingebaute MIDI-Schnittstelle!" Damit war der Computer zwar für Musiker attraktiv, Spiele-Freaks war das aber egal.
Es ist die Geschichte eines tragischen Krieges zweier Feinde und eines sich freuenden Dritten: Anfang der Neunziger konnte sich der PC, bislang nur im Business-Segment Marktführer, auch immer mehr als Spiele-Computer durchsetzen. Zusätzlich gelang Konsolen wie Super Nintendo der Durchbruch. Am 29. April 1994 musste Commodore International Limited Insolvenz anmelden. Die Rechte am Namen "Amiga" traten eine lange Reise durch verschiedene Unternehmen an, bis sie schließlich bei Amiga Inc. landeten.
Ataris Geschichte verlief ähnlich tragisch: Am 30. Juli 1996 übernahm ein Festplattenhersteller das marode Unternehmen. Weniger später war das Unternehmen selbst insolvent und die Markenrechte landeten schließlich 2001 bei dem französischen Spielehersteller Infogrames.
Der Krieg ist längst vorbei, nur die Feindschaft, die bleibt unvergessen.
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