: Geckernde Lacher und Solinger Messer
■ Bernd Vogels neues Kabarett-Programm „Schlachtgedanken“ im Goldbekhaus
Der wortgewandte Bernd Vogel schleuderte den Zuhörern in seinem „Front-Satire-Kabarett“ Schlachtgedanken am Samstagabend im Goldbekhaus seine bitterbösen Schlachtgesänge mit Wucht entgegen, ohne daß er den guten Draht zum Publikum verlor. Zunächst wirkte er in der Präsenz noch etwas holperig: „Aus Wut über die aktuelle politische Lage habe ich entschieden, den ersten Teil als klassisches Wortkabarett anzulegen, was ich vorher noch nicht gemacht habe“. Er rieb sich, formal Wolfgang Neuss als Vorbild nehmend, begriffsprägend an aktueller bundesdeutscher Wirklichkeit. Dabei ging der Mensch als „Müllentsorgungseinheit“ durch (Stichwort: Gift-Tüten-Skandal), und „die Einführung der Selbstbeteiligung bei der Lohnfortzahlung“ wurde zur konsequenten Überlegung: „Wer Lohn verursacht, soll ihn auch bezahlen“. Mit bissigem Witz erstellte Vogel ein Stim-mungsbarometer der „WBO“ (westlich besetzte Ostzone): „Wir haben Kohl geglaubt, dies Jahr haben wir die Chance, das wieder gutzumachen“, und das Ewig-Thema Mann und Frau fand auch noch Platz (“Die Dame im Schützengraben gegenüber“).
Nach der Pause entfaltete Vogel, rasant von Witz zu Geschmacklosigkeit eilend, die volle Bandbreite seiner schauspielerischen Fähigkeit. Er schlüpfte in verschiedene Rollen, vom hessisch babbelnden Stammtischler (“Männer gehen zu Stammtischen, weil Frauen ihnen nicht zuhören“), der mit seinen geckernden Lachern an Gerhardt Polt erinnerte, zum Referenten vom „Institut für angewandte Lebenslüge“ (TV). Als Zugabe kam auch der ausgelutschte Softie noch mal dran (“ihr seid so lieb“), der im Zuge seiner Weiterentwicklung ein großes Solinger Küchenmesser bei sich trug.
Der Kabarettist Bernd Vogel ließ sich selbst aus dem Reigen der verschrobenen Persönlichkeiten nicht heraus, er fragte sich ratlos: „Und was machen wir jetzt? Noch einen Fackelumzug?“
Simone Ohliger
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