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GeburtshilfeBesser kreißen ohne Arzt

Weniger Kaiserschnitte, zufriedenere Mütter: Eine Studie der Fachhochschule Osnabrück zeigt, dass ein von Hebammen geleiteter Kreißsaal eine Alternative zum üblichen Modell ist.

Zufriedene Mütter, gestillte Babies: Der Hebammenkreißsaal wird als positiv bewertet. Bild: dpa

Kreißsäle, zu denen Ärzte keinen Zutritt haben, sind besser für Mutter, Vater und Kind. So würden es die Wissenschaftlerinnen im Verbund Hebammenforschung an der Fachhochschule Osnabrück nie ausdrücken, aber ihre Forschungsergebnisse legen diesen Schluss nahe.

Seit 2004 untersucht das Team unter Leitung der Gesundheitswissenschaftlerin Friederike zu Sayn-Wittgenstein, wie der so genannte hebammengeleitete Kreißsaal Geburten beeinflusst. Zehn davon gibt es mittlerweile an deutschen Kliniken, der erste wurde 2003 in Bremerhaven eröffnet, weitere folgten in Hamburg-Barmbek, Hamburg-Harburg und Osnabrück. Die Fürsprecherinnen hofften, dass wie in Dänemark und anderen Ländern, die das Modell schon eingeführt haben, die Kaiserschnittraten sinken und die Geburten "natürlicher" verlaufen würden als in ärztlich geleiteten Kreißsälen. Dass die hohen Erwartungen erfüllt wurden, konnte Professorin Sayn-Wittgenstein jetzt bestätigen. Am Donnerstag präsentierte sie in Osnabrück vor rund 180 Expertinnen aus sieben europäischen Ländern und den USA erste Ergebnisse einer Vergleichsstudie zwischen beiden Kreißsaal-Modellen. Teilgenommen haben 238 Frauen, die in der Klinik einer norddeutschen Großstadt entbunden hatten.

Hatte dabei ein Arzt das Sagen, endeten 12,3 Prozent der Geburten mit einem Kaiserschnitt. War die Hebamme verantwortlich, waren es nur 5,4 Prozent. Im Bundesdurchschnitt kommt jedes dritte bis vierte Kind per Kaiserschnitt zur Welt. Die dagegen sehr niedrige Rate in der Studie kommt dadurch zustande, dass nur die Daten von Frauen mit einem niedrigen Komplikationsrisiko verwendet werden konnten.

Hebammenforschung

Die Fachhochschule Osnabrück ist Zentrum der deutschen Hebammenforschung und mit den Universitäten Bremen und Osnabrück wichtige Impulsgeberin für die Weiterentwicklung der Geburtshilfe.

Eine Kernforderung ist die Verbesserung der Hebammen-Ausbildung, das heißt die Anbindung an die Wissenschaft, wie sie auch für ErzieherInnen gefordert wird. Den ersten Schritt hat die Fachhochschule getan: Seit 2008 bietet sie den bundesweit einmaligen "Bachelor of Science in Midwifery" an.

In einer vom Bund geförderten Studie der FH zum Hebammenkreißsaal werden derzeit die Daten von 1.240 Geburten ausgewertet.

Außerdem zeigte sich, dass die Geburt im Hebammenkreißsaal das Stillen erleichtert: Sieben Tage nach der Geburt bekamen 87,8 Prozent der Neugeborenen ausschließlich Muttermilch, im Vergleich zu 67 Prozent in der Vergleichsgruppe. Und: 62,2 Prozent der Frauen sagten, sie hätten die Geburt als positiv erlebt, das konnten im ärztlich geleiteten Kreißsaal nur noch 47,8 Prozent behaupten.

Ob sich der Hebammen-Kreißsaal für die Kliniken lohnt, wird in Osnabrück in einer Kosten-Nutzen-Analyse ebenfalls untersucht. Dabei gehe es nicht um eine Gegenüberstellung von Zahlen, sondern von Kosten und Qualität, erklärt Nina Knape, im Forschungsverbund für den ökonomischen Teil verantwortlich. Berücksichtigt werden müsse, dass im Hebammenkreißsaal keine Arztkosten anfallen, dafür aber die für eine Eins-zu-Eins-Betreuung durch eine Hebamme. Und: "Die normale Geburt dauert ihre Zeit", sagt Knape. Die bekommen die Frauen im Hebammenkreißsaal, weil die Geburt nicht durch medizinische Interventionen verkürzt wird.

Für entscheidend hält die Hebamme und Diplom-Kauffrau Knape die Frage, wie sich der Hebammenkreißsaal auf das Wohlbefinden von Müttern und Kindern auswirkt. "Langfristig kann sich das für eine Volkswirtschaft lohnen, weil es nach der Geburt weniger Komplikationen gibt und die Frauen gesünder sind." Und profitieren würden offenbar auch die Kliniken, die zunehmend die beiden Alternativen anbieten - ohne dass dafür extra Anreize geschaffen werden müssen. Zum einen blieben ihnen die guten und erfahrenen Hebammen erhalten. Zum anderen könnten sie mit dem Zusatzangebot um die werdenden Mütter werben, die zwar die Sicherheit einer Klinik suchen - nur zwei Prozent gebären nicht dort - gleichzeitig aber bedürfnisorientierter betreut werden wollen als in deutschen Kreißsälen üblich. Dass auch Frauen ein großes Interesse daran haben, dass sich etwas ändert, beweist die Rücklaufquote der Studie: Die ist mit 83,2 Prozent überdurchschnittlich hoch.

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7 Kommentare

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  • AH
    auch Hebamme

    @ Mediziner: das spiegelt nicht die normalen Verhältinisse wieder?

    es geht bei dieser Studie darum, dass ausschließlich low-risk-Frauen mit einbezogen wurden, und nur diese dürfen allein von Hebammen betreut werden - dies ist aber durchaus normal, siehe Hebammengesetz und Kommentar eins.

    Es soll also lediglich ein Vergleich stattfinden, wie das Outcome der beiden Gruppen ist - Hebammenkreißsaal und ärztlich geleiteter Kreißsaal.

    @ Statistiker: eine Multicenter-Studie ist meiner Meinung nach aus ethischen Gründen hier nicht durchführbar. Ob Frauen von vornherein wissen, was

    Hebammengeleitete Geburt und ärztlich geleitete Geburt bedeutet, ist meiner Meinung nach nicht sicher - vielleicht ist es eher die schlechte Erfahrung, die sie in ärztlich geleiteten Kreißsäälen gemacht haben das entscheidende Kriterium, das sich dann im Hebammenkreißsaal zum guten wendet.

    Entscheidend ist doch die Bewertung der Frauen, und die fällt nun mal für den Hebammenkreißsaal besser aus.

    MfG

  • H
    Hebammenschülerin

    @Mediziner: Es ist eben traurig, dass ein niedriges Risiko von Ärzten nicht mehr als "normale Verhältnisse" eingestuft sind. Eine gesunde Frau mit einer normal verlaufenden Schwangerschaft hat ein niedriges Risiko. Schwangerschaft und Geburt sind keine Krankheiten sondern normale (wenn auch besondere) Situationen im Leben einer Frau.

     

    Es wird doch in keinem Satz des Artikels oder der Studie erwähnt, dass Frauen mit einem mittleren oder hohen Risiko (beispielsweise aufgrund von Vorerkrankungen, bereitserfolgten Uterusoperationen, einer schwangerschaftsinduzierten Erkrankung oder oder oder...) in einem hebammengeleiteten Kreißsaal besser aufgehoben sind als in einem von Ärzten geleiteten. Es geht hier nur um die mit niedrigem Risiko und da hat sich die Hebammenbetreuung bewährt.

     

    Gleichzeitig wäre sonst der Statistiker unzufrieden: Ein Studiendesign, bei dem die Frauen mit niedrigem Risiko in den hebammengeleiteten und die mit hohem Risiko in den ärztegeleiteten Kreißsaal gehen, hätte ja nun wirklich gar keine Aussagekraft.

  • H
    hebamme

    Erfreulicher für Mutter und Kind: Immer mehr Frauen gebären mit der Hilfe von Hebammen.

     

    siehe dazu im Hebammengesetz:

     

     

    Eine Hebamme leitet die regelrechte Geburt ab Wehenbeginn völlig selbstständig ohne Arzt (nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Hebammengesetz (HebG/D) und nach §3 Abs. 1-2 Hebammengesetz (HebG/Ö). Nach diesen Gesetzen besteht die Hinzuziehungspflicht einer Hebamme. Das heißt, ein Arzt darf nur im Notfall eine Geburt ohne Hebamme durchführen.eingeben

  • S
    statistiker

    Vermutlich sind die Frauen nicht zufällig den beiden Modellen zugeordnet worden. Man kann also davon ausgehen dass die Frauen die sich für eine Hebammengeleitete Geburt entscheiden, von vornherein positivere Einstellungen zum Stillen und zur Geburt an sich haben. Daher sind die Ergebnisse zu prozentualen Unterschieden in Stillrate und Zufriedenheit zu einem nicht zu definierenden Teil auf die Unterschiede in den beiden Gruppen von Frauen zu suchen. Ein Einfluss der Hebammengeleiteten Geburt an sich lässt sich, zumindest nach den hier dargestellten Zahlen, erstmal nicht feststellen.

    Es kann aber sein, dass das mit überprüft wurde, man müsste die Studie mal lesen.

  • M
    Mediziner

    Es sollte darauf hingewiesen werden, dass ausschließlich Frauen mit niedrigem Komplikationsrisiko einbezogen wurden. Dies spiegelt nicht die normalen Verhältnisse wieder. Eine Geburt ohne Arzt bei normalem oder gar erhöhtem Komplikationsrisiko ist eine Gefährdung von Mutter und Kind. Solche Artikel,die dies nicht klarstellen und viele Schwangere daher zu völlig falschen Risikoeinschätzungen verleiten, sind fahrlässig und gefährdend. Zudem sollte klargestellt werden, dass Hebammen mehr Geld erhalten, wenn sie keinen Arzt dazurufen.

  • M
    Mutter

    Das ganze ist kein Geheimnis, für einen Kaiserschnitt gibt es aber mehr Geld von den Krankenkassen und das Geburtshilfe Team ist nur kurz damit beschäftigt.

     

    Die Mütter müssen mutiger werden und sich aus der ärztlichen Bestimmung lösen, frau wird ja schon während der Schwangerschaft von den Ärzten so bevormundet, als gebähren sie das Kind des Arztes.

     

    Hebammenbetreuung in der Schwangerschaft ist der richtige Weg zur selbstbestimmten Entbindung !

  • A
    aso

    "... 62,2 Prozent der Frauen sagten, sie hätten die Geburt als positiv erlebt, das konnten im ärztlich geleiteten Kreißsaal nur noch 47,8 Prozent behaupten...":

     

    Fazit:

     

    Ein entscheidendes Auswahlkriterium für Schwangere:

    Arzt dabei? Nein danke...