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Archiv-Artikel

Gebremster Eifer in CIA-Affäre

Regierung will keine Entschädigung für al-Masri fordern. Die Grünen ärgern sich über die mangelnde Aufklärungsarbeit ihres Exministers Joschka Fischer – aber nur intern

BERLIN taz ■ Das Engagement der Bundesregierung für das CIA-Entführungsopfer Khaled al-Masri hält sich weiter in Grenzen. Obwohl Kanzlerin Angela Merkel von einem „Fehler“ der USA gesprochen hatte, den Washington eingeräumt habe, wollte sich die Bundesregierung gestern Forderungen aus der CDU nach einer Entschädigung für al-Masri durch die USA nicht anschließen.

Da die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft noch liefen, könne man noch „keine abschließenden Bewertungen vornehmen“, erklärte ein Regierungssprecher. Der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Andreas Schmidt (CDU), dagegen ergriff für al-Masri Partei: „Ihm ist Unrecht geschehen, und das muss gut gemacht werden“, forderte er in der Berliner Zeitung. Auch Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte, er sei „in der Tat der Meinung, dass Herrn al-Masri eine Entschädigung zusteht“.

So klar diese Aussage war, so unklar blieb auch gestern die Rolle, die der frühere grüne Außenminister Joschka Fischer im Entführungsfall al-Masri spielte. Vor einer Woche hatten die Grünen berichtet, Fischer habe gesagt, dass er von dem Gespräch zwischen dem damaligen Innenminister Otto Schily und US-Botschafter Daniel Coats über den Fall al-Masri Ende Mai 2004 nichts wusste. Mit dieser Auskunft hatten die Grünen bei vielen Besuchern ihrer Pressekonferenz den Eindruck erweckt, Fischer habe von dem gesamten Entführungsfall nichts gewusst.

Fischer wusste doch etwas

Am Freitag jedoch teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes mit, Fischer habe „von dem Fall Anfang Juni 2004 mit dem Schreiben des Rechtsanwalts von Herrn al-Masri erfahren“. Daraufhin habe er sichergestellt, dass diese Informationen „an die zuständigen Stellen weitergeleitet“ wurden. Mehr wurde bisher über Fischers Umgang mit dem Fall al-Masri nicht bekannt: Der Ex-Außenminister hat sich dazu persönlich bislang nicht öffentlich geäußert. Der Sitzung des grünen Parteirats blieb er gestern fern, was nach Aussagen von Teilnehmern für „Unmut“ sorgte. Einige Parteifreunde sollen sich über die „mangelhafte Informationspolitik“ Fischers beschwert haben. Auch Bütikofer hatte spürbare Schwierigkeiten, das Verhalten Fischers zu erklären. In seinem Statement zur CIA-Affäre forderte der Grünen-Chef zunächst „maximale Aufklärung“. Auf die Frage aber, ob Fischer bisher „maximale Aufklärung“ geleistet habe, antwortete er ausweichend, man sei sich im Parteirat einig gewesen, „dass wir diese Politik der Aufklärung verfolgen“. Ohne Fischer zu erwähnen, stellte Bütikofer fest: „Leider sind wir bis jetzt einer Aufklärung nur in Trippelschritten näher gekommen.“

Während die Grünen dem SPD-Mitglied Schily Untätigkeit in der CIA-Affäre vorwerfen, fällt ihnen direkte, öffentliche Kritik an ihrem eigenen Exminister schwer.

Grüne trauen sich nicht

So gab sich Bütikofer mit der Erklärung des Auswärtigen Amtes zufrieden, dass Fischer seine Informationen über al-Masri „weitergeleitet“ habe. Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Grünen von den Ausschusssitzungen und der aktuellen Stunde morgen im Bundestag. Die Regierung hat umfassende Aufklärung durch die zuständigen Minister angekündigt. Erst danach wollen die Grünen entscheiden, ob ein Untersuchungsausschuss nötig sei. LUKAS WALLRAFF