Gaza: Israel öffnet Grenze für Verletzte

Hunderte weitere Palästinenser harren aber noch am Grenzübergang Erez aus. Sie sind auch Opfer eines Streits zwischen Jerusalem und Kairo.

Zwei verletzte Palästinenser überqueren den Grenzpunkt Erez Bild: dpa

JERUSALEM taz Der Übergang Erez ist selbst in normalen Zeiten kein angenehmer Ort. Seit vier Tagen harren mehrere hundert Flüchtlinge aus dem Gazastreifen in dem von Betonwänden umgebenen Flur, die Hamas hinter sich und die israelischen Grenzschützer vor sich. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak gab am Mittwoch die Order, Kranken und Verletzten die Einreise nach Israel zu gewähren, damit sie medizinisch behandelt werden können. Rund 150 russische Staatsangehörige, von denen die meisten mit Palästinensern verheiratet sind, durften ebenfalls ausreisen.

Schwerer tut sich Israel mit Genehmigungen für die restlichen Palästinenser, die zum Teil der Fatah angehören, zum Teil Bewohner des Westjordanlandes sind. Einige wenige Palästinenser aus dem Westjordanland durften gestern den Übergang passieren, allerdings nicht ohne peinliche Kontrollen, bei denen sie sich vor den Augen der anderen Wartenden fast komplett entkleiden mussten.

Das Problem der israelischen Grenzer ist, dass keine Kooperation mit der palästinensischen Seite möglich ist. Bis zur Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen regelten Angehörige des Fatah-nahen Präventiven Sicherheitsdienstes die Kontrollen. Bereits am Montag kam es zu einem Überfall bewaffneter Hamas-Leute, die sich als Flüchtlinge ausgaben und dann mit Handgranaten die israelischen Soldaten angriffen.

Die Flüchtlinge sind auch Opfer eines politischen Ringens zwischen Ägypten und Israel. Die Regierung in Jerusalem möchte die Fatah-Angehörigen via Israel nach Ägypten bringen, was Kairo indes ablehnt. Die ägyptische Regierung ließ diese Woche zudem die Botschaft vom Gazastreifen ins Westjordanland verlegen. Vermutlich aus Sorge vor einer Flüchtlingswelle von hunderten oder tausenden Menschen will keiner der beiden Staaten Verantwortung signalisieren. Einem Bericht der Zeitung Haaretz zufolge ist auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nicht bereit, die Flüchtlinge in das Westjordanland einreisen zu lassen.

Die Verzögerungen am Kontrollpunkt Erez haben schon zwei Menschenleben gekostet, darunter ein herzkrankes palästinensisches Baby, das vor Aufregung über einen Schusswechsel am Übergang starb. Die Flüchtlinge verfügen über keine sanitären Anlagen und haben, Informationen der israelischen "Ärzte für Menschenrechte" zufolge, seit Tagen kaum etwas gegessen.

Die Hamas-Führung im Gazastreifen gibt sich unverändert hartnäckig. "Die Grenzübergänge sind offen, es gibt weder Öl- noch Nahrungsmittelknappheit", verkündete der ehemalige Außenminister Machmud Sahar (Hamas) gestern Nachmittag. Am südlichen Grenzübergang Keren Schalom waren zuvor zehn Lastwagen in den Gazastreifen eingeschleust worden, die internationale Hilfsmittel wie Medikamente und Nahrungsmittel geladen hatten. An der drohenden Katastrophe ändert das nichts. Seit Tagen sind keine Milchprodukte mehr im Handel, außerdem werden Mehl, Reis und Zucker knapp.

In Ramallah trat das Zentralkomitee der PLO zu mehrtägigen Beratungen über die Lage im Gazastreifen und die politischen Entwicklungen zusammen. Gestrigen Berichten der Tageszeitung al-Ajjam zufolge haben sich fünf kleinere PLO-Fraktionen für vorgezogene Neuwahlen ausgesprochen. Die Zeitung geht indes davon aus, dass "die Notstandsregierung von Salam Fajjad noch lange im Amt bleiben wird", da das palästinensische Parlament, das die Regierung stützen oder ablehnen muss, vorläufig nicht zusammenkommt. Das Zentralkomitee der Fatah hatte am Dienstag entschieden, alle Kontakte zur Hamas abzubrechen.

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