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GastkommentarKorrekturen nicht möglich

■ Bremen retten - ohne SPD- und Grünen-Mitglieder?

Fücks wenigstens hat's gespürt, er ist eben doch noch kein Apparatschik: „Wenn Bremens Bürger es nicht wollen, können wir Bremen nicht retten.“ So die Einsicht des Grünen. Die anderen denken nicht mehr an ihre politisch Herkunft und an die Wähler. Das ist bei der FDP verzeihlich. Jäger und van Nispen wissen ihre Leute dicht hinter sich. Aber was denken die Genossinnen und Genossen? Da verabreden sie in Dinklage das Jahrhundert- oder auch Jahrtausendprogramm für Bremens Rettung, und legen es Kohl und Waigel im Namen Bremens vor, bevor Fraktion, geschweige denn Partei nur ein Wort davon erfahren haben.

Aus der Presse lesen die SPD-Aktivisten, mit welchem Austerity-Programm der Senat Bremen retten will: Unser Vorschlag liegt jetzt in Bonn, Alternativen gibt es nicht. So Bürgermeister Wedemeier vor der Presse und vor der Unterrichtung aller Genossinnen ung Genossen, wer immer sie sind. Offensichtlich sind wir in der Bremer SPD soweit, daß es keine Widerstandskräfte und keine wahren politischen Eigenvorstellungen mehr gibt. Daß die Fraktion einsegnet, was immer auch kommt, weiß jeder. Aber es gibt doch noch die Ortsvereine, die Unterbezirke, es gibt doch den Landesparteitag. Wie entsetzlich zerstört muß die SPD-Struktur sein, wenn ein Existenzsicherungsprogramm für mindestens eine Dekade ohne Befassung der Partei endgültig verkündet wird! Korrekturen sind nicht mehr möglich. Bremen kann schlecht den Briefen aus der Senatsklausur, die vom Postamt Dinklage abgefertigt worden sind, Korrekturbeschlüsse der Basis nachsenden. Nein, Genossinnen und Genossen, nun könnt Ihr nur noch parieren.

Ich kenne solche Senatsklausuren zur Genüge. Die Rettung Bremens beruht immer auf Verwaltungsvorlagen, so auch diesmal. Beamte haben Papiere produziert, Senatoren haben sie eingesegnet. Gegenwärtig ist der Senat dabei, ein ausgeplündertes Bremen zu verteidigen. Standards am unteren Grenzpunkt des Bundesniveaus, Verzicht auf eigene Energie- und Wohnungspolitik, bevor Bonn sich überhaupt geäußert hat. Bremen verabschiedet für 1993 einen Haushalt, ohne Bonner Zuwendungen, wie Karlsruhe sie ausdrücklich festgestellt hat, überhaupt nur einzumahnen.

Wen soll der Zorn nun treffen? Der Senat kann nicht besser sein, als er ist. Die SPD-Fraktion müssen wir vergessen. Warum aber nimmt die grüne und die rote Basis hin, was ihnen ein apparatabhängiger Senat verordnet? Wenn die kritischen Grünen und die kritischen Roten jetzt passiv bleiben, wie sollen in aller Welt Bremens Bürger wach werden? Was sagte Senator Fücks? „Ohne die Zustimmung der Bürger retten wir Bremen nicht.“ Thomas Franke

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