■ Gastkommentar: Karl Valentin, der SFB und die Fremden
Es war lustig, und es gab viel zu lachen am Samstag im Spiegelzelt. Der Schauspieler Walter Schmidinger hat zum 111. Geburtstag von Karl Valentin „gelesen“, nein, gewispert, gesungen, geflötet, und selten auch gedonnert, also: gespielt. Das Programm war schon so gut wie zu Ende, da wurde der Komödiant plötzlich sehr ernst. Und er erzählte dem Publikum, daß er am Vormittag im SFB gewesen sei, um etwas über Karl Valentin und den Spiegelzelt-Abend zu sagen. Und als er so im Studio auf das Interview gewartet habe, seien gerade die Nachrichten gelaufen. Schlimme Nachrichten. Die Nachricht, daß ein türkisches Geschäft angezündet worden sei. Und während diese Nachricht lief, habe der SFB-Moderator lakonisch bemerkt, wenn die Geschäfte der Türken schlecht gingen, dann würden sie eben ihre Geschäfte anstecken, um wenigstens die Versicherungsprämie zu kassieren. Den ganzen Tag habe er sich geschämt, sagte Walter Schmidinger, daß er da nicht aufgestanden sei und das Studio verlassen habe. Statt dessen habe er brav sein Interview abgeliefert. Und weil er sich schon den ganzen Tag deshalb schäme, gebe er jetzt noch eine Zugabe, einen Text, den Karl Valentin und Liesl Karlstadt über „den Fremden“ geschrieben hatten, nach dem Ersten Weltkrieg. Ich kann den wortspielreichen Text hier natürlich nicht wiedergeben, aber in zwei Sätzen verkürzt zusammenzufassen versuchen: Ein Fremder bleibt in der Fremde so lange fremd, bis er sich in der Fremde heimisch fühlen kann. Dann erst – und schon! – ist er einheimisch. Michael Schornstheimer
Der Autor ist ARD-Rundfunkjournalist.
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