■ Gastkommentar: Doppelpaß CDU/PDS
Am Donnerstag ging's los: Wahlkampfauftakt der CDU/PDS. Die SPD traf er schlafend. Tatsächlich hat Diepgen mit der Entscheidung, Teile der PDS mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten, einen beachtenswerten Coup gelandet. Diese Eröffnung in der laufenden Spielzeit noch auszumerzen wird der angeblich an der Regierung beteiligten SPD wohl nicht gelingen.
Was ist geschehen? Landesamt für Verfassungsschutz und Innensenator Heckelmann spielten Diepgen direkt den Ball vor die Füße. Nach kurzem Zögern griff dieser den Ball, der seine Interessen so bravourös bedient, auf und schoß. Seine Wählerklientel in Ost und West ist damit bedient. Und er weiß, wem er damit schadet: Der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und seinem Koalitionspartner SPD. Dort vorhandene Hoffnungen auf abbröckelnde PDS- Wähler sollen beendet werden, zugleich werden PDS-Mitglieder und Sympathisanten flügelübergreifend zusammengeschweißt. Systemkritiker, Zweifler und (zu Recht) Enttäuschte des Einigungsprozesses dürfen sich unter dem Dach der PDS treffen und zu konspirativem Vorgehen ermuntert, aber auch geadelt fühlen: „Wir sind wer, wir werden beobachtet!“
Gysi ist in den Adelsstand erhoben, die Grünen blicken sehnsüchtig auf alte Verfassungsschutzakten, die nun (leider) beim Landesarchiv der Doktoranden harren. Die SPD-Senatoren haben das Thema auf der Senatssitzung verschlafen, die Abgeordneten sind zum Ausschuß nicht erschienen. Bald werden sie uns erklären, wie sie WählerInnen im Osten oder Jungwähler gewinnen oder eine Alternative zu Schwarz & Rot backen wollen. Gute Nacht, SPD!
Siehe Seite 28 Renate Künast
für Bündnis 90/Grüne im Abgeordnetenhaus
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen