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■ GastkommentarArmutsressorts

Selbst mit der einfühlsamsten Denkanstrengung ist nicht zu ergründen, worin die Sonntagsversammlung von SPD-Fraktion und Ortsvereinsvorsitzenden den Erfolg von Etelsen sieht. Aber es murrt tatsächlich niemand. Könnte es sein, daß die Bremer SPD inzwischen froh darüber ist, kein Profilierungsressort in den kommenden vier Jahren verantworten zu müssen? Finanzen, Wirtschaft, Bau und Stadtplanung, die wirklichen und alleinigen Schlüsselressorts, allesamt in den Händen der CDU. Inneres, bei dem wachsenden Sicherheitsinteresse der Bevölkerung ein zwar schwieriges, aber in den richtigen Händen sehr präsentierfähiges Ressort – van Nispen hat es bewiesen – , ebenfalls bei der CDU. Die wirklichen Armutsressorts Bildung und Soziales samt Anhang, wo dem ärgerlichen Klientel nur Verzichte zu verkünden sind, werden nun alleiniger politischer Schwerpunkt der SPD. Vom Hafenressort brauchen wir ebenso wenig zu reden, wie von Arbeit. Es gehört schon viel Phantasie dazu, in den beiden Ressortanhängseln einen eigenen Politikbereich zu sehen. Ein reines Verlegenheitsressort, Beckmeyers Spielwiese. Bleibt natürlich noch der Bürgermeister! Der arme Henning Scherf trägt nun die Profilierungslast der SPD allein. Auch nach der revidierten Landesverfassung liegt aber die eigentliche Macht bei den Ressorts. Im Senat läuft eh nichts gegen die CDU, die mit ihren Schlüsselressorts wuchern kann. Wo, in aller Welt, liebe Genossinnen und Genossen, seht ihr hier den Erfolg? Der Bürgermeister ist viel zu teuer bezahlt worden. Soviel ist er nicht wert.

In vier Jahren soll die CDU doch wieder erkennbar schwächer sein als die SPD. Wer kann ein solches Politikwunder schaffen? Daß Henning Scherf, gestützt auf Bringfriede Kahrs und Tine Wischer, mit Uwe Beckmeyer an einer Seite Bremens Wahlvolk überzeugen kann, künftig die SPD kräftig zu stärken, wird der leichtgläubigste Optimist ernsthaft nicht glauben können. Das wirklich Schlimme ist, daß alle in der SPD die Lage kennen und auch die Personen, die den Ausweg bringen sollen. Doch ausgepowert, wie sie ist, kann die Partei nichts Besseres bieten. Was macht der, der ohne Hoffnung am Ende ist? Er glaubt an Wunder und tritt in den Chor der Gesundbeter ein. Der Weg nach unten ist für Bremens SPD noch lange nicht zu Ende. Horst-Werner Franke, Senator a.D.

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