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GastkommentarArmutsgewinnler

■ Franke über Banken und Bremer Armut

Windhorst, den 7. Februar Wir wollen uns ein Transportband denken, das vom Marktplatz in den Geldkeller des Finanzsenators reicht, und alle Bremer Steuerzahler sind aufgefordert, täglich, stündlich, minütlich in immerwährender Fron ihre Steuergroschen darauf zu schütten, damit sie in den Staatssäckel rutschen. Bremen kassierte 1994 rund 3,7 Milliarden Steuern. Jede einzelne Minute mußten also Bremens Bürger Tag und Nacht 7.000 Mark auf das Förderband des Finanzsenators schütten. (Natürlich rutschen in dessen Säckel auch noch die Einnahmen, die Bremen aus anderen Quellen erhält.)

Nun stellen wir uns ein zweites Förderband vor, das vom Geldkeller des Finanzsenators in die Tresore der Banken führt. Wir sehen Nölles Mannen schuften. 3.000 Mark Zinsen pro Minute müssen 24 Stunden lang an jedem Tag des Jahres für Bremens Schulden in die Banktresore geschaufelt werden. Fast die Hälfte des Bremer Steueraufkommens kassieren also unsre Banken allein an Zinsen, ohne daß eine müde Mark von der Schuldenlast getilgt ist. (Wir sind bei unsrem Rechenspiel realistischerweise von einem Gesamtschuldenstand von 20 Milliarden ausgegangen und haben einen fiktiven Zinssatz von 8 Prozent angenommen.)

Bremens Schulden sind ein Segen für die Banken, die jeden Tag zu ihrem Geldgötzen beten müssen, daß Bremens Armut endlos weiter währt. Sie garantiert ihnen risikolosen Gewinn.

Einen besseren Schuldner finden sie nicht. Bremens Steuerzahler sind für die Banken hinreichende Sicherheit, und hinter Bremen stehen schließlich der Bund und die Solidargemeinschaft aller Länder. Immerhin kassiert ja Bremen gegenwärtig jährlich 1,8 Milliarden Mark aus Bundesmitteln, um nach dem Willen Karlsruhes die Banken zu befriedigen. Wie gut, daß Bremen seinen Schuldenberg trotzdem nicht abträgt. So fließt der Zinsstrom über die Jahre ungeschmälert weiter. Und wenn für Großprojekte Geld fehlt, bitte, bedient euch weiter, wir helfen gerne.

Am Musterfall Bremens wird überdeutlich sichtbar, wie die Umverteilung in Deutschland läuft, öffentliche Armut verpfändet das Land an die Banken. Wie die Steuerpächter im alten Rom werden die Banken immer mehr Herr über die Steuerkraft des Landes, die ihnen, nicht dem Gemeinwohl dient.

Aber an Bremens Armut verdienen sie doppelt. Weil der Stadtstaat unter der Last seiner krisengeschüttelten Traditionsbranche Schiffbau ächzt und deren Zusammenbruch sich entgegenstemmen will, ist er erpreßbar bei Krediten. Die Banken werden vom Staat von jedem Risiko freigestellt. Sonst gibt es kein Geld. Für den jetzt anistehenden Vulkankredit von 220 Millionen kassieren die Banker 17,6 Millionen Mark Gewinn. Wenn es schief geht, zahlt der Steuerzahler. Also, Banker aller Länder, vereinigt euch, noch ist in Bremen was zu holen.

Was aber diese Armutsgewinnler vollends diskreditiert, ist ihr Geiz, vielleicht auch ihre Dummheit. Von allem, was in Bremen abgesahnt wird, fließt nichts über großzügiges Mäzenatentum an die unter der Armut ächzende Kunst. Wo andernorts bildende Kunst und Theater von kunstliebenden Bankern wenigstens gesponsert werden, ist Bremens Not nur gut zum Abkassieren. Wahrscheinlich liegt es daran, daß Bremer Banker nur Filialleiter sind. Gesponsort wird am Firmensitz. Horst-Werner Franke, Senator a.D.

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