: Gadaffi kompromißbereit
■ Lockerbie: Untersuchung durch US-Richter angeboten
Kairo (wps/dpa) — Der libysche Revolutionsführer Gadaffi sorgt sich um das Image seines Landes. In einem Interview mit 'Al Ahram Weekly‘ versicherte Gadaffi, er sei ein Revolutionär, aber kein Terrorist, und bemühe sich darum, das Ansehen Libyens in der Welt zu verbessern, das zwar „angeschlagen, aber in Wirklichkeit nicht schwarz“ sei. Seit dem Ende des Golfkrieges sucht der Autor des Grünen Buchs eine Annäherung an die USA, die das Land weiterhin der Unterstützung des Terrorismus bezichtigen. Aktuelles Beispiel: Die beiden libyschen Staatsbürger, die die USA als die mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter ausmachten. 270 Menschen starben im Jahre 1988 bei dem Anschlag auf ein amerikanisches Verkehrsflugzeug. Daher dürfte nicht nur die Sorge um das Image seines Landes eine Rolle spielen, wenn Gadaffi nun in dieser Frage Kompromißbereitschaft andeutet, sondern auch die Angst vor einem britischen oder US-amerikanischen militärischen Angriff. Die Forderung der USA, die beiden angeblichen Attentäter auszuliefern, weist der Revolutionsführer zwar nach wie vor zurück. Gleichzeitig signalisierte er jedoch seine Zustimmung zu einem arabischen Vorschlag, eine internationale Untersuchung auf neutralem Boden, beispielsweise in Kairo, abzuhalten. Daran könnten dann unter Umständen auch US- amerikanische und britische Richter teilnehmen. Der britische Staatsminister im Außenministerium David Hogg, der kürzlich in Sachen Libyen und Lockerbie mehrere arabische Staaten besucht hatte, bezeichnete diesen Vorschlag als „nicht akzeptabel“, vor allem, wenn Libyer an der Untersuchung beteiligt sind. Die beiden mutmaßlichen Attentäter sitzen mittlerweile zuhause in Untersuchungshaft, auch wenn sie der offiziellen libyschen Lesart zufolge unschuldig sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß Libyen offenbar sogar eine finanzielle Entschädigung an die Familien der Opfer des Anschlages in Betracht zieht. Ein Schritt, der praktisch einem Schuldeingeständnis gleichkäme. Bei den Gesprächen, die Hogg mit dem ägyptischen Staatschef Hosni Mubarak und zuvor mit Regierungsbeamten aus Tunesien und Algerien führte, hieß es außerdem seitens der arabischen Politiker, Gadaffi habe angeboten, die restlichen Ausbildungslager für radikale Gruppen zu schließen und Informationen über libysche Unterstützung für die IRA zu liefern. In dem bereits erwähnten Interview kündigte Gadaffi an, Libyen werde die Beziehungen zu allen Organisationen abbrechen, „die in der Vergangenheit als Befreiungsbewegungen angesehen wurden, sich aber in terroristische Bewegungen verwandelt“ hätten. Deren Image ist in den Augen des Revolutionsführers offensichtlich nicht nur angeschlagen, sondern mittlerweise rabenschwarz. B. S.
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