GTA IV nur für Erwachsene: Selbstzensur für Altersfreigabe
Die Grand Theft-Macher investieren viel Mühe um GTA durch die Altersfreigaben zu bringen. Die australische Version wurde entschärft - für Deutschland gibt es weniger Gewalt.
Selten wurde ein Konsolenspiel in der Vergangenheit so sehnlichst erwartet wie der jüngste Teil der Grand Theft Auto-Reihe "GTA IV". Zunächst vorneweg: Auch der jüngste Ausflug in die Welt der Klein- bis Großkriminellen wird in Deutschland keine Jugendfreigabe bekommen und somit nur für Spieler ab 18 Jahren zu kaufen sein.
Die Geschichte der Reihe beginnt 1997 mit "Grand Theft Auto", einem Spiel aus der 2D Vogelperspektive. "GTA" ist quietschbunt und neben der Gangsterkarriere gespickt mit schwarzem Humor und wilden Autofahrten. Freigegeben ist "GTA" ab 16 Jahren.
1999 erscheint der Nachfolger "GTA II", düsterer, im Retro-Look und nun arbeitet der Spieler für rivalisierende Gangs. Auch "GTA II" erhält die Altersfreigabe USK 16.
2001 erfolgt mit "GTA III" der Schritt in die dritte Dimension. In Japan wurde es 2005 wegen der Verherrlichung von Gewaltverbrechen indiziert. In Deutschland erhielt das Spiel obwohl die Gewaltdarstellung erheblich reduziert wurde keine Jugendfreigabe.
2002 erscheint "GTA: Vice City", ein Mafiaepos angelehnt an den Film "Scarface". Die Altersfreigabe in Deutschland ist zunächst USK 16, Ende 2003 wird die Jugendfreigabe entzogen.
2004 wird die GTA III-Trilogie mit "San Andreas" abgeschlossen. Das Spiel um den afroamerikanischen Gangster Carl Johnson verkauft sich 22 Millionen Mal und ist in Deutschland aufgrund umfangreicher Entschärfung ab 16 Jahren freigegeben. Nachdem bekannt wurde, dass im Programmcode ein Minispiel mit sexuellem Inhalt versteckt ist, wurde dem Spiel in den USA die Jugendfreigabe entzogen. Nachdem ein Update zur Entfernung des "Hot-Coffee" genannten Programm veröffentlicht wurde, kam das Spiel wieder in die Läden.
2008 kommt nun die Fortsetzung GTA IV. Eine Jugendfreigabe wird es in Deutschland nicht geben.
Zu gegenwärtig ist die Gewalt die der Spieler ausüben kann. Nicht in ihrer detaillierten Darstellung - da hat man in anderen Spielen schon Schlimmeres gesehen - es ist der Gesamteindruck. Schon seit Erscheinen des ersten "GTA", 1997, sorgen die so beliebten wie auch umstrittenen Videospiele für Diskussionen. Damals noch als quietschbunter Pixelhaufen aus der 2D Vogelperspektive ohne großen Realitätsbezug erweckte es bereits den Argwohn von Politikern, Wissenschaftlern und besorgten Eltern. Spätestens seitdem mit "GTA III" der Schritt in die realistische 3D-Umgebung erfolgte, nahm die Kritik zu.
Anstoß erregte vor allem das scheinbar folgenlose Töten von Polizisten und Passanten. Außer einer Verhaftung, die in nichts weiter als dem Verlust von Waffen und einer kleinen Menge Bargeld endet, kommt der Spielcharakter ungestraft davon. Als Kontrovers gilt auch die Darstellung von Minderheiten im Spiel. Chinesen gehören zur China-Mafia, die Haitianer handelt mit Drogen, Japaner ziehen als Yakuza durch die Städte und die Russen sind: richtig - die Russenmafia. Pauschal, so argumentierten Kritiker, würden Minderheiten in einen kriminellen Hintergrund verortet. Jedoch ist der Vorgänger von GTA IV, das rund 20 Millionen Mal verkaufte "GTA San Andreas", auch eines der ersten Spiele mit einem afroamerikanischen Hauptdarsteller.
Das Problem scheint aber zu sein, dass GTA nicht einfach nur gewalttätig ist, sondern dass der Spieler sich gegen die Gesellschaftsordnung stellt. In einem durchaus als realistisch zu erlebenden Rahmen werden als Spielziel Straftaten ausgeübt. Da mag es manch einem schwer fallen, zwischen virtueller und realer Welt zu unterscheiden, wie ein Beispiel aus den USA zeigt. Hier hatten nach Angaben der britischen Zeitung The Independent Jugendliche auf ein Auto geschossen und dabei einen Mann getötet. Bei der Vernehmung gaben sie an, sie hätten versucht, Szenen aus dem Spiel nachzustellen.
So wundert es dann dann auch kaum, wenn die Spielereihe durch die Zeitung USA TODAY als "virtuelles Ausbildungslager für Terroristen" bezeichnet wird und sich namhafte Politiker wie Hillary Clinton für ein Verbot von GTA-Spielen aussprechen. Der Humor und die häufig auftretende, offensichtliche Ironie im Spiel werden dabei oft übersehen.
In Deutschland kochen die Wogen selten so hoch. Allerdings erscheinen seit GTA III hierzulande auch entschärfte Versionen des Spiels um die Jugendfreigabe nicht zu gefährden. In deutschen Ausgaben von GTA ist es nicht möglich am Boden liegende Personen zu treten oder getötete Spielfiguren zu berauben. Auch der häufig kritisierte Amoklauf, eine Nebenmission mit dem Ziel, in einer bestimmten Zeit möglichst viele Menschen mit einer bestimmten Waffe zu töten, wurde gestrichen.
Auch die Spieler in Australien werden vom neu erscheinenden GTA IV nur eine entschärfte Fassung zu spielen bekommen. Anders als in Deutschland gibt es dort keine Freigabe von Software nur für Erwachsene, die höchste Freigabestufe liegt bei 15 Jahren. Die Konsequenz: Nichtmals Erwachsene werden unzensierte Versionen von GTA IV erhalten können.
In den USA wird der Titel erst an Jugendliche ab 17 Jahren verkauft. Vom ursprünglichen Design der Verpackung wird man dort aber nicht mehr viel erkennen, denn auf dem Karton werden deutlich sichtbare Warnaufkleber zu sehen sein, die vor "teilweiser Nacktheit", "intensiver Gewalt", Blut, "unanständiger Sprache" und dem Gebrauch von Alkohol und Drogen warnen.
Bei Rockstar Games, dem britischen Entwickler der GTA-Reihe bleibt man angesichts der andauernden Kritik gelassen. Für ihn sei GTA die Videospielversion eines Gangster-Romans, sagte Entwickler Dan Houser dem Magazin Spiegel Online. Auf Verlangen würde man für bestimmte Märkte eben bestimmte Dinge herausschneiden.
Dass GTA IV in Deutschland und auch in anderen Ländern der Welt trotz der Altersbeschränkungen auch den Weg in die Hände Minderjähriger finden wird, ist sehr wahrscheinlich. Wie schädlich das sein könnte bleibt aber offen. Als ein "den Spieler von der Leine lassen" bezeichnet man bei Rockstar Games das offene Spielprinzip von GTA. Der Spieler wird in eine Welt losgelassen und muss selbst entscheiden, wie er handelt. Vielleicht eine Analogie zum wirklichen Leben und vielleicht auch eine Chance.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!