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Archiv-Artikel

GENMAIS: NICHT ALLE IMPORTVERBOTE SIND PROTEKTIONISTISCH Die Dosen sind nur der Anfang

Als die USA letzte Woche unter dem Druck der WTO ihre Strafzölle auf europäischen Stahl zurückzogen, erntete die Welthandelsorganisation viel Lob: Sie helfe, mächtigen Staaten ihre protektionistischen Allüren auszutreiben, lobten selbst kritischere Geister. In der Debatte über die Einfuhr von genmanipuliertem Mais erfahren die Europäer nun die andere Seite: Die mächtige Genfer Behörde übt derzeit Druck auf die EU aus, endlich den Import von Dosenmais aus den USA zuzulassen. Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis die EU-Länder dem US-Mais einen Platz in den heimischen Supermärkten räumen müssen.

Das ist zunächst nicht sonderlich brisant. Ab April nämlich muss genmanipulierte Nahrung EU-weit gekennzeichnet werden. Genmais stünde dann, als solcher beschriftet, im Regal neben den nicht manipulierten Sorten. Die Entscheidung geht damit an die Verbraucher: Sie können der neuen Technik mit einem Boykott eine viel klarere Absage erteilen, als es die Fachausschüsse in Brüssel je schaffen würden.

Weitaus gefährlicher ist genmanipuliertes Maissaatgut aus den USA. Würde die EU die Aussaat erlauben, könnten nicht einmal mehr Ökobauern die Reinheit ihrer Sorten garantieren. Auch hier hat Washington die WTO eingeschaltet. Für die WTO ist das Argument der EU-Mehrheit, Gennahrung schade vielleicht der Gesundheit, genauso protektionistisch wie der Stahlschutz der Amerikaner. Sie entscheidet im Sinne des Freihandels – und dem wird der Umweltschutz untergeordnet.

Genau hier liegt das Problem mit dem Genmais: Staaten, die die Einfuhr von verändertem Saatgut ablehnen, sollten sich auf internationale Umweltabkommen berufen können. Dazu müssen solche Abkommen gegenüber der WTO gestärkt werden. Aber vielleicht nützt es ja, dass die EU die Einfuhr von genmanipuliertem Dosenmais tatsächlich bald erlaubt. Dann könnten die Gentech-Gegner diesen ersten direkten Kontakt der Menschen hier in Europa mit Genmais zu einer lautstarken Kampagne nutzen, um bei den Handelspolitikern Gehör zu finden. KATHARINA KOUFEN