GEHT’S NOCH? : Die bittere Pille danach
STRAFE MUSS SEIN: WER UNGEWOLLT SCHWANGER WIRD, SOLL ES IN DEUTSCHLAND WEITERHIN SO SCHWER WIE MÖGLICH HABEN
Die Frau ist ein minderwertiges Wesen. Sie kann nichts selbst entscheiden, sondern muss kontrolliert werden von einem Rezeptblockinhaber: Denn was würde passieren, wenn jede, die sich mit einem Typen eingelassen hat, dem auch mal das Kondom platzt, einfach so die Pille danach beim Apotheker um die Ecke bekommen könnte? Sodom und Gomorra! Womöglich drohten Frauen dann sogar, Männer auf offener Straße zu verschlingen. Dem muss Einhalt geboten werden. Und deshalb muss in Deutschland weiterhin gelten: Wer ungeschützten Geschlechtsverkehr hat (aus welchen Gründen auch immer), der soll es hinterher aber bitte auch so richtig schwer haben.
Im Kampf um den letzten konservativen Wähler scheint Teilen von CDU/CSU jede Verdrehung der Tatsachen recht zu sein – genau das macht die neuerliche Debatte um die rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“ so unerträglich. Die Pille danach ist keine Abtreibungspille, sie verhindert vielmehr, dass Eizellen befruchtet werden können; ihre Nebenwirkungen sind so gering, dass der Nutzen – je früher die Pille eingenommen wird, desto wirksamer ist sie – den möglichen Schaden überwiegt, weswegen sie möglichst hürdenfrei erhältlich sein sollte; in Ländern wie Schweden ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche seit Freigabe der Pille signifikant zurückgegangen.
Für die Freigabe der Pille danach braucht es nicht mal ein Gesetz, der Bundesrat hat sein Placet auch schon gegeben, es braucht bloß eine Ministerverordnung. Was bedeutet, dass der neue Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ganz männlich dem Votum der Expertenkommission folgen und die Pille danach rezeptfrei stellen könnte. Zurückpfeifen könnte ihn höchstens die Kanzlerin. Die einzige Frau, vor der die Union kuscht.
Die Frau, die wahrscheinlich dafür sorgen wird, dass andere Frauen weiterhin um ein Rezept betteln müssen.
HEIKE HAARHOFF