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GASTKOMMENTARMilitärmacht EG — der Alptraum ist nahe

■ In der EG greift die Forderung um sich, in Bosnien militärisch zu intervenieren

Während gestern in Brüssel ein weiterer Akt des Endlos-Trauerspiels „EG-Friedenskonferenz“ ablief, mehren sich in der Gemeinschaft die Stimmen, die nach Taten rufen. Fünfzehn Monate lang hat sich die Europäische Gemeinschaft darin gefallen, dem Krieg zuzuschauen, falsche Entscheidungen zu treffen, einen abgehalfterten Elder statesman mit großväterlichen Beschwichtigungsverhandlungen zu betrauen und auf die regionale Begrenzbarkeit des Krieges zu setzen. Jetzt, so will es Jacques Delors, soll der Knoten durchhauen werden.

Wo die EG politisch hätte tätig werden können, hat sie versagt. Sie hat nichts getan, um die GUS- Staaten zur Einhaltung des Embargos gegenüber Serbien zu motivieren. Sie hat keine Anstrengungen unternommen, das EG-Mitglied Griechenland von seiner Blockadepolitik gegenüber Mazedonien abzubringen. Die EG hat sich bis jetzt geweigert, die Existenz von Friedensbewegungen in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien auch nur wahrzunehmen. Und sie hat unter dem Druck von Genscher Kroatien und Slowenien zu einem Zeitpunkt anerkannt, als klar war, daß dadurch der Krieg in Bosnien-Herzegowina zur Explosion gebracht würde. Nachdem die EG die ihr zur Verfügung stehenden politischen Mittel überhaupt nicht oder falsch eingesetzt hat, übt sie sich jetzt in einer Disziplin, für die sie bislang überhaupt kein Mandat hat — dem militärischen Muskelspiel.

Den Krieg als Ultima ratio der Politik anzupreisen, nutzt vielen Interessen. Frankreichs Sozialisten hoffen, aus der Verbindung von Patriotismus und Militärpolitik beziehungsweise dem, was dabei als „europäische Verantwortung“ zu verkaufen ist, für die Wahlen im nächsten Jahr Profit zu ziehen. Für die EG selbst wäre ein „Engagement“ im ehemaligen Jugoslawien ein Vorgriff auf die in den Maastrichter Verträgen beschlossene gemeinsame Militärpolitik. Der Alptraum einer militärischen Großmacht EG wäre dann so fern nicht mehr. Eine Militärintervention der EG hätte auch Signalwirkung für die ehemals sozialistischen Länder, die mit ethnischen Konflikten belastet sind. Ihnen würde dadurch bedeutet, wozu die Militärmacht EG künftig in der Lage sein wird.

Die EG hat kein Konzept der Kooperation und der Öffnung für die Länder Mittel- und Osteuropas, kein Konzept für die Unterstützung beim Aufbau demokratischer Strukturen. Sie verfolgt ihren EG-zentrischen Wirtschaftsutilitarismus. Wen dem jetzt noch militärische Ambitionen hinzugefügt werden, dann wird die EG sicher zum untauglichsten Instrument für eine neue Zukunft Europas. Birgit Cramon Daiber

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