GALERIENRUNDGANG : Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um
Das nennt man Nähe zum Leben: In Zeiten fortschreitender Flexibilisierung sind auch Museen auf Reisen. Das MoMA schaut ein paar Monate in der Neuen Nationalgalerie vorbei, am Potsdamer Platz wurden links vom S-Bahnhof vier Container als „Mobile Museen“ aufgestellt, um „durch gesellschaftliche Nutzung bereits konnotierte Orte durch eine temporäre Nutzung neu zu beleben “, wie es im Konzeptpapier heißt. Nun ist es nicht eben zwingend, die überdimensionale Fußgängerzone mit Kunstevents aufzupeppen, da funktionieren Würstchenverkäufer und crazy Abonnenten-Werber von der Berliner Zeitung besser. Außerdem ist die Auswahl für das Projekt wenig spektakelfreudig: Weder Thomas Locher, der lexikalische Formeln in Schriftarbeiten überträgt, noch der Leuchtröhren-Minimalist Hans J. Wiegner haben einen Hang zur Hüpfburg. Selbst Schorsch Kamerun war am Eröffnungsabend mit seiner punkrockigen „Sylvesterboy“-Performance zwischen Reisegruppen aus dem Eifelland eher fehl am Platz. Und Franka Hörnschemeyer? Hat mit „PVC 304“ eine Box gebaut, in der man auf zehn Quadratmetern herumirren kann wie in einem Spiegelkabinett. In der Reduktion liegt einige Raffinesse, das Environment besteht nur aus einem guten Dutzend schwingender Türen. Gerade durch die beengten Räumlichkeiten verwandelt sich das Setting mit jedem Besucher neu: Mal weitet sich der Ausblick aus der weißen Zelle auf die umgebenden Hochhäuser, dann wieder bleibt das Ensemble ein völlig in sich geschlossenes System. Parallel sind bei Kapinos ältere Arbeiten von Hörnschemeyer zu sehen. Ihre Installationen aus Gipskarton sind streng nach architektonischen Vorgaben zugeschnitten, doch in der Verarbeitung wird aus den sperrigen Elementen ein wie von Zauberhand animierter Skulpturenparcours. Hier groovt der Plattenbau.