G20 zur Finanzkrise: Gipfel der guten Mienen
Das Treffen der wichtigsten Schwellen- und Industrieländer in Mexiko zeigt: Die G20 hat kein Konzept gegen ein schrittweises Zerbröseln der Eurozone.
BERLIN taz | Es war der Gipfel der guten Mienen zum bitterbösen Spiel. „Wichtig“ sei er gewesen, sagte Kanzlerin Angela Merkel. IWF-Chefin Christine Lagarde will ein „Gefühl der Annäherung“ verspürt haben.
Das Treffen der Weltenlenker habe ihn „ermutigt“, sagte US-Finanzminister Timothy Geithner nach der Konferenz der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) im mexikanischen Los Cabos.
Mehr oder minder hülsenreich erklärten die Teilnehmer so, dass sie keine Lösung haben, wie sich das abzeichnende schrittweise Zerbröseln der Eurozone verhindern lässt – auch wenn danach der globalen Ökonomie ein Crash droht. Wie schon bei den vergangenen G-20-Gipfeln standen die Europäer als Schmuddelkinder da. Und auch wenn EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wetterte, die Finanzkrise habe ihren Ursprung in den USA: Erneut wurde klar, dass der Rest der Welt nicht für die Probleme auf dem alten Kontinent herhalten will.
Immerhin: Deutschland robbt sich offenbar beim Thema europäische Bankenunion an die Europartner heran. Inzwischen spreche man über das sensible Thema einer europäischen Einlagensicherung, bei der Sicherheitspolster deutscher Banken notfalls für die Resteuropas herhalten müssten, sagte Merkel. Auch eine stärkere Aufsicht über die Geldinstitute sowie eine eurozonenweite Bankenabwicklungseinrichtung werde debattiert. Merkel betonte jedoch, nur dann für siechende Nachbarn haften zu wollen, wenn damit auch mehr Kontrolle einhergeht.
Barack Obama konnte da nur loben: Europa habe ein „erhöhtes Gespür für die Dringlichkeit“ der Lage gezeigt, sagte der US-Präsident. Zugleich schloss er eine finanzielle Unterstützung aus. Europas Probleme könnten nicht von der G 20 oder von den USA gelöst werden.
Wie sehr Italiener und Spanier die derzeit horrenden Renditen auf ihre Staatsanleihen bedrängen, zeigte ein Vorstoß von Regierungschef Mario Monti aus Rom. Damit die Zinsen auf die Staatsanleihen sinken, sollten die europäischen Rettungsschirme EFSF oder ESM greifen dürfen, forderte Monti in Los Cabos. Er werde das Thema auch am Freitag bei einem Treffen mit Merkel in Rom ansprechen, zitierte ihn die Nachrichtenagentur LaPresse.
Monti hat dabei einen Eingriff der Euroschirme ohne Stigma und Auflagen eines formellen Rettungsprogramms im Sinn. Tatsächlich können der EFSF und der künftige ESM Staatsanleihen schon jetzt aufkaufen. Allerdings nicht direkt von den Staaten, sondern nur am Sekundärmarkt, also von Banken und Fonds. Bedingung: Die Europäische Zentralbank hat zuvor eine Gefahrenlage diagnostiziert.
Die EU-Kommission wies den Vorstoß umgehend zurück: „Das könnte den Druck und die Schmerzen lindern, die strukturellen Schwächen der italienischen und spanischen Wirtschaften würde es aber nicht beheben“, sagte ein Sprecher. (mit Agenturen)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml