: G A S T K O M M E N T A R Macht für die Exekutive
■ Zum Urteil über die Zulassung Freier Schulen
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Nicht die Gerichte hätten zu urteilen, ob eine Privatschule aufgrund eines „besonderen pädagogischen Interesses“ zu genehmigen sei. Dies sei ausschließlich Sache der Unterrichtsverwaltung. Betroffen vom Urteil ist nicht allein die Freie Schule Kreuzberg, die unverdrossen seit Jahren um die Möglichkeit der legalen Betreuung einer Handvoll Schulkinder kämpft. Betroffen sind auch nicht allein die derzeit fünfzig ähnlichen Initiativen Freier Schulen. Betroffen ist vielmehr die gesamte Weiterentwicklung des Schulwesens. Zukünftig ist keine Initiative mehr denkbar, die an den grauen Herren der Schulaufsicht vorbei abweichende Ideen in die Tat umsetzen kann. Nicht umsonst sind Lehrer und Eltern auf Schulmodelle in privater Trägerschaft ausgewichen, um gerade der Ideenlosigkeit der Kultusministerien nicht ausgeliefert zu sein. Wer weiß, mit welcher Zielstrebigkeit derzeit staatliche Schulversuche zurückgeschraubt werden, wer weiß, welche Kriterien die Verwaltung bei der Beurteilung ihr fremder Unterrichtsmethoden anwendet, den muß die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Privatschulfreiheit vor den Kopf stoßen. Das Urteil hat aber noch einen schwererwiegenden Aspekt: Aufgabe der Verwaltungsgerichte im Rechtsstaat ist die Kontrolle staatlichen Handelns. Welche Machtfülle nun für die Exekutive, wenn die Gerichte sich einmal mehr von dieser Aufgabe verabschieden! Wird das Bundesverfassungsgericht, das die Kreuzberger anzurufen beabsichtigen, diese rechtsstaatsfeindliche Entwicklung stoppen und die Verwaltungsrichter an ihre Aufgabe erinnern? Wolfgang Thoms ist Rechtsanwalt und hat die Freie Schule der Ufa–Fabrik in Berlin vor Gericht vertreten
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