piwik no script img

■ Fußballerinnen in Italien auf den Hund gekommenPräsident mit kalter Schnauze

Florenz (taz) – Er ist rund 160 Millionen Mark schwer und lebt in einer Villa bei Pisa. Er schwimmt gerne, liebt ausgewogene Ernährung und ist seit kurzem Ehrenpräsident eines Fußballclubs in Italien. Gunther IV., so sein Name, ist niemand aus dem Geldadel, sondern ein Schäferhund. Er präsidiert in der Nähe von Florenz bei der ACF Agliana, dem Tabellenführer der nationalen Liga im Frauenfußball mit großen Ambitionen auf die Meisterschaft.

Schuld an dieser seltsamen Partnerschaft ist der Tod der Münchner Gräfin von Liebenstein im Jahre 1992. Weil die Contessa nach dem tödlichen Autounfall ihres fußballbegeisterten Sohnes keine Blutsverwandten hatte, ging ihr Erbe an Gunther IV. Ein Hausfreund der Gräfin in Pisa ist nun Schutzbefohlener des Hundes und des Geldes. Dieses muß, so wollte es die Gräfin, für soziale Aufgaben im Sport eingesetzt werden. Also richtete der Vermögensverwalter aus Pisa als Stiftung die „gunther- group“ ein, die sich fortan auf die Suche nach geeigneten Projekten begab. Weil dem Testament folgend der Hund Ehrenpräsident des unterstützten Vereins werden muß, lehnten zum Beispiel die Fußballbosse der Profis aus Pisa, Cagliari und Bologna dankend ab. Weshalb der Hund zunächst Chef einer weiblichen Schwimmgruppe in Livorno wurde, ehe er von den Fußballerinnen hörte und Witterung aufnahm.

Die Kooperation mit Agliana läuft zunächst bis zum Saisonende. „Werden wir Meister“, deutet Aglianas Managerin Laura Benvenuti an, „wird sich Gunther zur nächsten Saison voraussichtlich als Hauptsponsor bei uns einkaufen.“ Der Hund jedenfalls fühlt sich pudelwohl und ist bei jedem Heimspiel dabei. Beim Training sei er sogar schon dem Ball nachgelaufen und habe vor Freude nach ihm geschnappt, berichtet Benvenuti stolz. „Gunther setzt sich gegen Gewalt und jede Form von Intoleranz im Sport ein, so wie wir das auch tun“, sagt Carolina Morace, Kapitänin in Agliana und mit 128 Einsätzen die Frau mit den meisten Länderspielen der Welt. So hat das Team aus der Toskana für einen Jahreskalender posiert, um per Foto Aussagen gegen Gewalt und für Gleichberechtigung über den Sport hinaus zu treffen. „Strappiamo la rete d'indifferenza“ – „Wir zerreißen das Netz der Intoleranz“, heißt es im Kalenderblatt für März/April. „Rassismus, nein danke“, ist das Thema im September/Oktober. „Fußball ist für uns mehr als Tore zu schießen“, sagt die Torjägerin Morace. Etwas gegen den Hund zu haben, kann sie nicht verstehen. Zumal der Erlös des Kalenders gemeinsam mit Spenden und Gewinnen aus Benefizspielen mit einem kräftigen Zuschuß von Gunther einem schwerstbehinderten Jungen zugute kommt, zu dem die Fußballerinnen eine Patenschaft aufgenommen haben. Rainer Hennies

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen