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■ FußballGrausiges Orakel

Spät abends dann war Schluß mit lustig. Mittenhinein in die Feierlichkeiten anläßlich der 14. Meisterschaft für den AC Mailand (die dritte in Folge) orakelte der Herr des Geldes beim italienischen Millionenklub Ungeheuerliches. „Ich freue mich riesig, aber eines muß ich gleich klarstellen“, verkündete Silvio Berlusconi, „große Neueinkäufe wird es nicht geben.“ Sparen müsse man fortan, vorbei seien die Zeiten monetärer Großtaten. Nun ja, den Kickern des Klubs sprang beim Bankett vor Schreck nicht gleich der Hummer vom Teller, denn mit dem bislang Verdienten läßt sich doch einigermaßen leben, und eingedenk der 400.000 Mark Meisterschaftsprämie pro Mann dürfte die tägliche Ration Pasta auch gesichert sein für ein Weilchen. Zumal für den Gewinn des Europapokals dasselbe Sümmchen überwiesen werden soll.

Gemault hat jedenfalls niemand. Was vielleicht daran lag, daß Berlusconi noch schnell die allgemeinpolitische Bedeutung des Sparkurses erörterte und befand, man müsse doch „die Lage des Vereins und des Landes im Auge behalten“. Denn siehe: Wenn es allen schlechtgeht, darf auch der AC nicht prassen. Vor allem deswegen nicht, da dem der Herr Berlusconi vorsteht. Und der will schießlich Ministerpräsident werden.

Als der Apologet freilich kundtat, er erwäge, im Falle eines erfolgreichen politischen Gipfelsturmes die präsidiale Führung beim AC Mailand abzugeben, kreisten dann doch besorgte Gedanken durch den Raum. Denn wer weiß schon, was dem Manne noch alles einfällt und ob dem Big-Spender dereinst gar in den Sinn fährt, sein Sponsoring aufzugeben.

Oha. Das wäre bitter. Aber verständlich. Dem titelbringenden 2:2 vor 80.000 Zuschauern gegen Udinese wohnte der ob seiner politischen Gesinnung nicht allerorten beliebte Präsident aus sicherheitstechnischen Bedenken lieber gar nicht erst bei. So versäumte der Gefährdete eine Irrsinns-Party. Richtiggehend familiär gerierten sich die Angestellten des für menschenverachtende Personalführung verschrieenen Klubs. Alle Papis des siegreichen Ensembles schulterten enthemmt ihre Sprößlinge und trabten wie in trauter Eintracht die Ehrenrunde, selbst der griesgrämige Sitzschalenwärmer Jean-Pierre Papin, der zu den Bayern wechselt, weil ihm die Dauerreservistenrolle nicht recht zusagt, war versöhnlich gestimmt. Zum einen, weil er gegen Udinese mitspielen durfte, zum anderen, „weil dieser Titel eine Entschädigung ist für all das, was ich in Italien mitmachen mußte“.gpf

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