■ Fußball: Unbekannte Größe in der Champions League
Berlin (taz) – „Lodz ist nicht von Pappe“, weiß Borussia Dortmunds Trainer Ottmar Hitzfeld über den polnischen Meister, der heute abend im Westfalenstadion (20.30 live auf RTL) erster Gegner der Borussen in der Champions League ist. Tatsächlich kann Trainer Francisek Smuda (48) über mangelnden Erfolg bei Widzew Lodz bislang nicht klagen. Am 5. Mai 1995 übernahm er den Klub und gewann in der folgenden Saison gleich die Meisterschaft. Dabei blieb Widzew 34 Spiele ungeschlagen – ein Rekord im polnischen Erstliga-Fußball.
Zu diesem Zeitpunkt konnte der Wandervogel par excellence mit Spielerstationen in Polen, in den USA, wieder Polen, dann wieder USA, schließlich Deutschland (Spvgg Fürth) schon auf Trainerposten in Deutschland (VfB Coburg, FC Herzogenaurach), der Türkei (Konyaspor Izmir) und Polen (Stal Mielec) zurückblicken.
Smudas Odyssee ist keine Ausnahme im polnischen Spitzenfußball. Auch die Aktiengesellschaft „Spolka Akcyjna Widzew“ aus Lodz kann ebensowenig mit den Gehältern im Westeuropa mithalten wie die anderen polnischen Klubs. Ein Regionalligaspieler in der Bundesrepublik verdient im Schnitt mehr als ein Akteur der polnischen Meisterliga. Eine Situation, die beispielsweise Miroslaw Okonski, den vielfachen polnischen Nationalspieler und HSV- Star aus den 80er Jahren, 1993 – vergeblich – in Deutschland beim Verbandsligisten Rasensport Elmshorn sein Glück suchen ließ.
Widzew Lodz schaffte zum erstenmal 1981 die Meisterschaft, 1982 den zweiten Titel; 1985 wurde die Mannschaft aus der 800.000 Einwohner zählenden Universitätsstadt Pokalsieger, doch die Fans träumen noch immer von 1983, als man das Halbfinale im Europacup der Landesmeister erreichte und über Spieler wie Boniek oder Smolarek verfügte.
Nationaltorwart Wosniak wurde vom FC Porto als Vitor-Baia-Ersatz eingekauft, westlichen Verlockungen widerstanden hat aber Marek Koniarek, mit 29 Treffern polnischer Torschützenkönig. Ottmar Hitzfeld fürchtet vor allem die Konter der „unbekannten Größe aus Polen“. Wie diese genau aussehen, bekamen die Borussen jedoch nicht heraus. Lodz sagte sein Ligaspiel, zu dem ein Beobachter aus Dortmund angereist waren, einfach ab.Egon Boesten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen