Fußball, Rauchen etc. : Trainer sind auch nur Menschen
Der mexikanische Fußballtrainer Ricardo La Volpe raucht gerne Zigaretten. Die verfemten Gifte helfen ihm dabei, mit dem großen Stress fertig zu werden. Weil er im Spiel gegen den Iran, das drei zu eins für Mexiko ausging, geraucht hat, wurde er vom Fußball-Weltverband Fifa verwarnt. „Wir haben uns eine Videoaufzeichnung angesehen und festgestellt, dass es stimmt“, sagte Fifa-Mediendirektor Markus Siegler am Dienstag in Berlin. Daraufhin habe die Fifa einen Brief an den mexikanischen Verband geschickt und ihn an die Regel erinnert, dass das Rauchen im Trainerbereich verboten sei und es eine Vorbildfunktion gebe. Wenn er noch einmal raucht, wird er von der Schule fliegen.
Ich finde das im Grunde genommen nicht richtig. Als Fernsehzuschauer steigert es mein Vergnügen, einen Fußballtrainer nervös Zigaretten rauchen zu sehen. Menschlich kommt mir der rauchende Trainer, also jemand, der in Momenten der Not zur Selbstschädigung greift, näher. Vielleicht auch, weil der rauchende Trainer im Fußballfernsehbild in einer krassen Außenseiterposition ist und einen schönen Kontrast bildet zu den teuren Körpern der Spieler. Er vertritt sozusagen die Sache des Geistes, während die Spieler auf der Seite des dummen Fleisches stehen.
Als Raucher erinnert er an die Vergänglichkeit, „denn alles Fleisch, es ist wie Gras“. Weil er auf der Seite des nervösen, in sich naturgemäß immer zerstrittenen, also demokratischen Geistes stand, liebte man auch Johan Cruyff sehr, als er todesmutig Ketten rauchend auf der Bank des CF Barcelona viele Gegner bezwang. Auch steigert das Bild des rauchenden Trainers die Dramatik des Spiels sehr schön. Manchmal muss man auch selbst nicht rauchen, weil er das schon macht. Und das mit dem Vorbild stimmt auch nicht. Im Gegenteil!
Fakt ist: Kinder sind Opportunisten und finden Außenseiter, also Raucher, doof. Wenn Raucher als Außenseiter nicht mehr repräsentiert werden, entwickeln Kinder auch keine Aversionen gegen das Nikotingift. So wird ein Schuh daraus! Im Allgemeinen kommen Zigaretten nicht nur auf der Trainerbank in Momenten großer Bedrängnis zum Einsatz. Das Nikotingift stärkt die Defensive. Man raucht nicht, um ein Tor zu schießen, sondern um eines zu verhindern. Die Defensivzigarette muss aber zeitlich sehr genau abgestimmt sein. Im Spiel zwischen Schweden und Trinidad und Tobago hatte ich mir zum Beispiel das Rauchen bis zur 86. Minute aufgespart. Der Zigarette, die ich dann rauchte, gelang es dann, das Tor des Außenseiters zu beschützen. Im Spiel zwischen Deutschland und Polen hatte ich die Zigarette dann leider zu früh eingesetzt. Als sie in der 90. Minute alle war, schoss Deutschland ein Tor, und wir waren weg.
DETLEF KUHLBRODT