Fußball-EM 2012: Abgang durch den Hinterausgang

Die Türkei kann nach dem 0:3 gegen Kroatien nun endlich mit dem Neuaufbau beginnen. Trainer Guus Hiddink steht unterdessen vor dem Abgang.

Freier Fall: Die türkische Nationalmannschaft verpasst wohl das zweite Turnier hintereinander. Bild: dapd

ISTANBUL/ZAGREB taz | Nur Guus Hiddink, der ungeliebte Trainer aus Holland, sagte etwas nach dem Fiasko. Seine Profis wollten nur weg. Kein türkischer Nationalspieler tauchte Freitagnacht in den Katakomben der Arena von Galatasaray Istanbul auf, nach dem, was am Morgen danach die türkischen Zeitungen als "Schande" und "Desaster" bezeichneten.

Die Türken verließen das Stadion durch den Hinterausgang. Was sollten sie auch sagen, nachdem sie von den wenigen Landsleuten, die bis zum Schluss die Demütigung ertragen hatten, verhöhnt und verspottet wurden? Die meisten der 45.000 hatten schon 20 Minuten vor Abpfiff desillusioniert den Heimweg angetreten. Nach dem 0:3 gegen Kroatien in Istanbul, das darf als sicher gelten, wird sich die Türkei nicht für die EM 2012 qualifizieren.

Noch vor dreieinhalb Jahren waren die Türken erst im EM-Halbfinale an Deutschland gescheitert, doch seitdem geht es tief bergab für den türkischen Fußball - nach dem Scheitern in der Qualifikation für die WM 2010 verpassen die Türken nun das zweite große Turnier hintereinander.

Doch das ist nicht alles: Am nächsten Donnerstag, so ist zu hören, wird die Staatsanwaltschaft in Istanbul die Anklageschrift im spektakulären Manipulationsskandal des türkischen Vereinsfußballs vorlegen: Fenerbahce Istanbul und anderen Erstligaklubs droht der Zwangsabstieg, bekannte Personen des Fußballestablishments müssen mit Haftstrafen rechnen, wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten.

Die Nationalmannschaft sollte mit der EM-Qualifikation das Ansehen des türkischen Fußballs aufbessern, nun steht auch sie vor einem Scherbenhaufen. An ein Wunder glaubt niemand mehr in der Türkei, zu desolat war der Auftritt der Mannschaft. Einzig der kroatische Trainer Slaven Bilic wollte aus Höflichkeit die Türken noch nicht abschreiben. "Es ist noch nicht vorbei", sagte Bilic immer wieder.

"Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen", erklärte dagegen Hiddink. Der Trainer der Türken stand im Fokus der Kritik. "Hiddink raus", schrie das ganze Stadion nach dem Tor zum 0:3-Endstand in der 51. Minute. Hiddink hat es in anderthalb Jahren nicht verstanden, der Mannschaft personell und taktisch ein Gesicht zu geben.

Nun "akzeptierte" der Holländer zwar die Rücktrittsforderungen, will aber erst noch mit jungen Spielern das Rückspiel in Zagreb angehen, bevor er entscheidet, was danach werden solle. Das Heft des Handelns hat er aber nicht mehr in der Hand.

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