Fußball-Bundesliga: Der bessere Poldi
Nach dem 1:0 über Köln kann Wolfsburgs Chef Felix Magath über das "Steigerungspotential" seines runderneuerten Teams und den VfL-Nachwuchs Sebastian Polter schwärmen.

WOLFSBURG taz | Felix Magath sieht sich durch das 1:0 über den 1. FC Köln in der Weiterentwicklung seines Neuaufbaus beim VfL Wolfsburg bestätigt. Fünf Winter-Neuverpflichtungen agierten zum Rückrundenauftakt im VfL-Team und zwar aus Sicht des VfL-Chefs so überzeugend, dass er "viel mehr Struktur als in der Vorrunde" konstatieren konnte. Den Siegtreffer zum 1:0 aber erzielte - wie schon beim letzten Vorrundenspiel - der eingewechselte Nachwuchsstürmer Sebastian Polter per Kopf (78.).
Es war ein Spiel, von dem beide Teams nachher dachten, sie hätten es im Grunde im Griff gehabt. Die Wolfsburger, indem sie es meist dominierten und weil ihnen zwei Strafstöße verwehrt wurden. Die Kölner, indem sie durch solide Ordnung die Wolfsburger Dominanz leerlaufen ließen und in aller Ruhe auf den richtigen Konter warteten. Der kam nach 76 Minuten. Doch Novakovic vergab den Matchpoint wie schon eine weitere gute Chance in der ersten Halbzeit. Dafür fiel fast im Gegenzug der Wolfsburger Siegtreffer und das spektakulär unspektakulär: Schneller Freistoß nach rechts rüber zu Träsch, der lief ein paar Schrittchen, flankte in die Mitte, wo Polter schneller war und höher sprang als Geromel. Tja.
Magath tat hinterher nichts, um Material für eine Heldengeschichte zu liefern. Polter, 20, ist groß, kräftig und willig und hat nun bei drei Einwechslungen zwei Siegtore erzielt. Aber er hat längst nicht nur Stärken - und seine Perspektiven? Muss man abwarten. Immerhin sorgten er beziehungsweise seine Einwechslung dafür, dass die Wolfsburger Offensive Orientierung und Ziel bekam. Das hatte sie zuvor ohne ihren verletzten Topstürmer Mandzukic nämlich nicht. "So einen Hünen kann man nicht verfehlen", sagte hinterher Christian Träsch, Flankengeber zum Siegtor, mit Blick auf den neben ihm stehenden Polter.
Dessen Rufname ist übrigens "Polti". Unterfränkische Konsonantenverschiebung hat dazu geführt, dass der Aschaffenburger Magath und auch sein Co-Trainer Hollerbach den Spieler "Poldi" rufen. Der bisher einzigartige Poldi weltweit ist selbstverständlich Kölns Lukas Podolski. Weil der aber nach umtriebigem Beginn in der VW-Arena verloren ging, war Polter für einen Tag der bessere Poldi.
Wolfsburgs Geschäftsführer, Manager und Trainer Magath hat das Spiel gewohnt kryptisch ausgewertet. Zum einen war er "sehr zufrieden" und sieht eine Steigerung der spielerischen Möglichkeiten durch die Neuen. Der Zürcher Rodriquez agierte auf der linken Seite, der Brasilianer Felipe Lopes in der Innenverteidigung, der Pilsener Jiracek vor der Abwehr und der Portugiese Vieirinha sowie später der Ivorer Sio in der Offensive. Aber daneben habe ihn, so Magath, vor allem das "Steigerungspotential" begeistert: Das nämlich "freut mich und läßt mich gelassen in die Zukunft sehen".
Während der VW-Club durch Magaths Shopping-Habitus derzeit zum Gespött der fußballinteressierten Öffentlichkeit geworden ist, überschlagen sich die VW-Manager fast vor Begeisterung über die Zukunft - und über Magath. Der Meistertrainer von 2009 soll nach dem Willen des VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn "langfristig" eine "junge Mannschaft" aufbauen, die dann nach den Träumen von VfL-Aufsichtsratschef Garcia Sanz in der Champions League gegen Real Madrid spielt. "Dies ist der Beginn des Neuaufbaus dieser Mannschaft", so Winterkorn Anfang Januar.
Den Zusammenhang zwischen dem Neuaufbau durch die Winterverpflichtungen von acht neuen Profis für etwa 30 Millionen Euro Transfersummen und dem Neuaufbau vom letzten Sommer - 14 Neue für über 20 Millionen - definiert Magath so: "Es gibt keinen Winter- oder Sommeraufbau, es gibt nur einen Neuaufbau." Im Sommer habe man lediglich "Spieler getauscht". Also einen gestandenen Bundesligaprofi für einen anderen. Jetzt aber habe man Spieler mit Perspektive geholt, vorwiegend jung und aus dem Ausland. "Denn junge deutsche Spieler", sagt Magath, "können wir uns nicht leisten, im Gegensatz zu anderen Vereinen." Es bleibt dabei: Der Mann hat Humor. Aber nicht jeder kann darüber lachen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!