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Für den letzten Dreck

■ Staubsauger-Filter der sogenannten S-Klasse wollen Allergiker aufatmen lassen / Tatsächlich lassen sie aber noch reichlich Schmutz in die Abluft

Viele Staubsauger waren bis vor wenigen Jahren richtige Dreckschleudern. Einen Großteil des Schmutzes, den sie vorne aufsammelten, spuckten sie hinten wieder aus. Deshalb wurden immer bessere Staubsauger-Filter zur Säuberung der Abluft entwickelt - in der Regel elektrostatisch aufgeladene Kunststoffvliese. Der Luftstrom, der Fusseln, Staub und Krümel vom Boden reißt, befördert zuerst den gröbsten Dreck in den Staubbeutel. Danach wird die Luft durch den Filter geführt. Die feinen Staubpartikel bleiben an den Filtervliesen kleben.

Ein sogenannter S-Klasse-Filter (S steht für Schwebstoffe) kann die Filterleistung gegenüber normalen Filtern noch einmal um das Fünf- bis Zehnfache verbessern. Nach der entsprechenden DIN-Norm müssen dort mindestens 99,97 Prozent der Partikel bis zu einer Größe von 0,4 Mikrometern zurückgehalten werden. Diese kleinen Teilchen wurden unter anderem ausgewählt, weil sie besonders häufig Allergene und Umweltschadstoffe enthalten. In der Bundesrepublik gibt es inzwischen zehn bis zwölf Millionen Hausstauballergiker. Häufigste Erreger der Allergie sind neben Tierhaaren und Schimmelpilzen die Milben. Und die nisten besonders gern in Teppichböden.

Die Hersteller der S-Klasse-Filter behaupten nun, die Luft, die austritt, sei sogar „reiner als normale Raumluft“. Das stimmt nicht, wie Untersuchungen im Auftrag von ÖKO-TEST belegen. „Insgesamt haben wir bei allen Saugern erhebliche Differenzen gegenüber den Angaben der Hersteller festgestellt“, faßt der Düsseldorfer Allergologe Professor Martin Schata die Ergebnisse zusammen. Darum bekamen alle Geräte die Note „weniger empfehlenswert“. So fanden sich in der Abluft eines Siemens-Gerätes beispielsweise kaum weniger Staubpartikel in der Größe bis zu 0,3 Mikrometer als in der eingesaugten Luft - für Allergiker also ist dieser Filter wenig geeignet.

„Die werbewirksamen Prozentangaben der Hersteller“, so Professor Schata, „beziehen sich lediglich auf Kurzzeit-Versuche mit dem separaten S-Klasse-Filter“. Wenn sie im Gerät eingebaut sind und über eine längere Zeit Staub zurückhalten müssen, kommt man zu ganz anderen Ergebnissen. Tatsächlich spuckte selbst das beste von den Öko-Testern untersuchte Gerät, der „Tiger-VT 251“ der Firma Vorwerk etwa viermal mehr Staub aus, als in der Raumluft herumschwirrt.

ÖKO-TEST hat außerdem festgestellt, daß die Filter der teuren S-Klasse-Sauger lungengängige künstliche Mineralfasern enthalten. Darunter versteht man Partikel mit einem Durchmesser von bis zu drei und einer Länge von bis zu zehn Mikrometern. Solche Teilchen können möglicherweise Krebs auslösen. Ob und unter welchen Bedingungen sie beim Staubsaugen möglicherweise mit der Abluft herausgeblasen werden, ist noch unklar.

ÖKO-TEST empfiehlt Hausstauballergikern deshalb den Einbau einer zentralen Staubsaug-Anlage. Dabei gelangt kein Staub in die Raumluft, sondern er wird über ein Rohrsystem entweder in die Außenluft abgeleitet oder in einem speziellen Sammelbehälter aufgefangen. Solche Anlagen können auch nachträglich eingebaut werden. Doch auch Nicht-Allergiker sollten darauf achten, daß die Filtertüten regelmäßig gewechselt werden. Denn je mehr Dreck im Staubbeutel liegt, desto schlechter saugen die Geräte in der Regel.

ÖTM

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