piwik no script img

Für Olympia!Olympia? Wunderbar, her damit!

Die Olympischen Spiele sind die globalisierende Utopie einer besser werdenden Zeit. Erst die Kommerzialisiserung hat sie davon befreit, eine elitäre, weiße Veranstaltung zu sein.

Königin Elizabeth (vorn) und ihr Mann (hinten) rufen die Jugend der Welt. Die britischen Fackelträger Gina MacGregor und Phil Wells (beide links) sind schon da Bild: dapd

Oh ja, es ist ja historisch nur zu richtig, dass die Olympischen Spiele, die zunächst nur sommerliche waren, aus elitärem Geist, aus militärischer Inspiration, aus der Ära der jungen, modernen Nationalstaaten hervorgegangen ist.

Der Erfinder dieser Ende des 19. Jahrhunderts lancierten Wiederbelebung der Wettkämpfe aus dem alten Griechenland, der französische Baron de Coubertin, hatte, als er ein Fest der sportlichen Auseinandersetzung mit Lorbeerkranz und Medaillen erträumte, nicht die Olympischen Spiele im Sinne, die es nun in London geben wird. Er wollte Erbauung über nationale Grenzen hinweg, körperliche Darbietungen unter Wettkampfbedingungen.

Man kann ebenso gegen dieses globalisierteste Projekt der Moderne anführen, dass deren sportpolitischen Strukturen jeden Glauben nähren, alles drehe sich nur um Geld und Kommerz und Konkurrenz. Es geht mehr und mehr – gerade im Hinblick auf die Kosten der TV-Medialisierung dieses Events –, um Abermilliarden. Olympische Spiele, das sei doch, so kann man mit guten Gründen anführen, Entertainment, geboren in einem Altherrenclub namens IOC, realisiert durch Metropolen und Medienkonsortien, die alles im Sinn haben, aber nicht die gründliche Verbesserung der Welt.

taz
Jan Feddersen

leitet das Olympiateam der taz.

Eine gerechtere Welt

Solche Einwände haben ihren Platz, nicht nur in Gemütern von Verschwörungstheoretikern. Das Verblüffende allein ist, dass diese Idee der Olympischen Spiele, inzwischen alle vier Jahre nicht nur sommers zelebriert, sondern auch im Winter, mehr von dem realisieren half, was liberale, linke Menschen auf ihren Wunschlisten haben, stellen sie sich vor, wie eine gerechtere Welt aussehen könnte.

In London werden fast alle Nationen auch Athletinnen in ihren Equipen haben – abgesehen von der Pazifikinsel Nauru. Aber es war dem Druck des IOC geschuldet, Saudi-Arabien erfolgreich zuzumuten, wenigstens zwei Sportlerinnen zu akkreditieren, auch wenn diese ihre Ausbildung in den USA erhalten haben. Der IOC war es ebenso, der in Allianz mit umsatzinteressierten Sportausrüstern Förderprogramme für Länder der sogenannten Dritten Welt etabliert hat.

Seit der US-Amerikaner Avery Brundage nicht mehr Präsident des IOC ist, also seit den Spielen von München 1972, ist die elitäre Amateurregel des olympischen Sports suspendiert worden. Amateursport – das hieß in all den Jahrzehnten zuvor, dass eine olympiataugliche Sportausbildung sich nur Wohlhabende erlauben konnten. Mit der Kommerzialisierung des olympischen Sports – sowohl der Strukturen wie der individuellen Berufsauffassungen – ist die olympische Idee nichteuropäischer, nichtnordamerikanischer geworden.

Die olympische Welt, man wird es in London leicht erkennen können, ist globaler geworden. Hellhäutige AthletInnen stellen keine Mehrheit mehr – China, Südkorea und afrikanische wie lateinamerikanische Länder waren bereits vor vier Jahren in Peking sehr erfolgreich.

Zeigen, dass man mithalten kann

Ist denn aber die ewige Medaillenzählerei noch überhaupt zeitgemäß? Kommt es nicht darauf an, dass alle gut miteinander sporteln? Wer so argumentiert, missachtet gerade die Anstrengungen kleinerer Länder, die wenigstens bei Olympischen Spielen in der Weltöffentlichkeit Geltung beanspruchen möchten. Sie wollen just im sportlichen Vergleich demonstrieren, dass sie mithalten können.

Olympische Spiele sind die einzige Institution, die ein Festival veranstaltet, das dem nichtsportlichen Publikum Spannung und Unterhaltung verspricht. Das Publikum lernt Leistungen von AthletInnen anderer Länder schätzen – und liebt die Stars und Sternchen. Etwa im abgewandelten Sinne Andy Warhols: Olympia ist auch die Chance, auf ein wenig Weltruhm in 15 Minuten.

Olympische Spiele: Das ist auch ein performativer Prozess, der vom Abschied der weißen Länder kündet. Dass Sportkonzerne ihre Geschäfte machen, ist eine gute Sache. So erst kommen die einst armen Länder in die Gunst ökonomischer Förderung. Sie sind die Märkte, auf die es bald ankommt. Gut so!

Olympia – das ist viel mehr als Sport. Eine globale Messe um internationale Aufmerksamkeiten.

Lesen Sie auch das Contra von Deniz Yücel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • E
    Else

    Liebe Taz,

     

    das, was an Dir toll ist, und das, was annähernd unerträglich ist, mal wieder so nah beeinander - Denis Yücel - super lustig. Jan Feddersen - ???

    Außerdem: Wie wärs mal mit einer Rechtschreibkorrektur?

    "Kommerzialisiserung", naja Form und Inhalt wenigstens kongruent.

  • R
    reblek

    Feddersen findet für jeden asozialen Unfug, der auf dieser Erde stattfindet, eine "Begründung". Was der bei der taz zu suchen hat... Na ja, vielleicht findet sich die taz bald ganz bei ihm.

  • Z
    Zeus35

    "Die Olympischen Spiele sind die globalisierende Utopie einer besser werdenden Zeit."

     

    Rofl, liebe TAZ, ihr seid euch echt für keine Propaganda zu schade.

    Neben euch sieht die BILD wie eine Grundschülerzeitung aus.

    Wie wäre es mal mit einem Bericht über die Dopingspiele, rückständige und überforderte Kontrolleure national und international, korrupte Funktionäre, sowie einem polizeistaatähnlich agierendem IOC in London?

     

    Mal sehen ob der Beitrag auch wieder "verschwindet".

  • IA
    ich auch noch

    ich bleibe bei "contra".

     

    dieser kommentar hat mich nicht wirklich überzeugt, eher unerwartet gefestigt bei meinem bauchgefühl "contra" in bezug auf diese spiele und anderen künstlichen sportwahn.

  • AM
    Adolf Märklin

    Wieviel "Very British" denn noch? Reichen nicht schon die Wettervögel und die anderen korrupten "Journalisten", die aus Nachrichten Boulevardgesabbel und Propaganda machen - z.z. vor allem auch noch islamistische gegen Alewiten - für diesen Dreck auch noch alle bezahlen müssen?

     

    Was soll das überhaupt für eine Krise sein, wenn Milliarden für dekadente Millionäre ausgegeben werden, weil die Sport machen? Das ganze Pack gehört zusammen mit allen anderen "Stars" in die Wüste verramscht.

  • K
    Kevin

    Zur Zeit beschäftigen sich die Medien überwiegend damit, wer die schönste Olymioniken sind und wer mit wem wo Sex hat. Ich denke mal, damit ist Olympia ganz weit unten angekommen. Warum soll man sich für diesen ganzen Sumpf aus Menschenzucht, Kommerz, Doping und Sex eigentlich noch interessieren? Man nenne mir einen Grund, nur einen.

  • D
    Duderich

    "Dass Sportkonzerne ihre Geschäfte machen, ist eine gute Sache. So erst kommen die einst armen Länder in die Gunst ökonomischer Förderung. Sie sind die Märkte, auf die es bald ankommt. Gut so!"

     

    Ich lese nicht die TAZ um Hohelieder des Kapitalismus zu hören. Dazu noch ein total unsinniges, was wohl in der Natur der Sache liegt...

     

    Und die zukünftigen Märkte... naja, die gegenwärtigen reichen mir eigentlich schon. Der Autor sollte weiter über gegenwärtige und zukünftige Märkten schreiben - vielleicht sucht die Financial Times ja noch Praktikanten.

     

    Schlecht so!

  • W
    Wertkonservativliberaler

    Noch schöner wäre es gewesen, wenn das IOC sich gegenüber den orthodoxen Ölscheichs und anderen "Rechtgläubigen" dazu durchgerungen hätte, wenigstens eine kurze Gedenkminute ins Programm einzubauen, zum Gedenken an den 40. Jahrestag des heimtückischen Überfalls auf die israelischen Sportler im ungeschützten, offenen Olympiadorf, 05.09.1972 München.

     

    Aber das wäre denn zu viel der Moral fürs IOC.

     

    Und dies ist der Grund, warum ich diese Olympiade im TV nicht anschauen werde.

  • P
    Peter

    Während Sportler mit aus Leichen gewonnenen Hormonen ihre Leistung steigern, sitzen Frauen mit aus Föten hergestellter Anti-Age Creme im Publikum und klatschen Beifall.

    Die Brot und Spiele Kannibalen feiern sich und ihre Art.

     

    Die Olympiade ist doch gänzlich verkommen und hat nichts, absolut nichts mehr mit dem ursprünglichen Geist zu tun.

    Hauptsache Coca Cola und andere können finanzieren.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Sommerspiele_1936

     

    Was vor allem akribisch medial verschwiegen wird, sind die Zusammenhänge Medizin, Militär, Leistungssport und Doping.

     

    Brot und Spiele, Bayern, Garmisch-Partenkirchen hat neue Fördertöpfe angezapft.

    So viel Schnee wird in Zukunft auch nicht mehr liegen bleiben.

  • KK
    Karl K

    Lesen Sie bald das Contra von Deniz Yücel.

    Danke.