: Führungskräfte gesucht
Hamburg (taz) - „Auch wenn in Schleswig-Holstein manches langsamer geht: es ist allemal mehr möglich und vernünftig, als bisher getan wird“, erklärte Gisela Böhrk, Frauenministerin in Kiel und damit beschäftigt, ihre Initiative zur Frauenförderung in den Betrieben bekannt zu machen. Frauen soll mit Förderplänen und einer auf Chancengleichheit ausgerichteten Personalpolitik jene Möglichkeiten geboten werden, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Das Frauenministerium will damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Einerseits soll dem Fach- und Führungskräftemangel wirkungsvoll begegnet und andererseits Frauen ermöglicht werden, Beruf und Familie zu vereinbaren. Neu ist, daß die schleswig-holsteinische Landesregierung zusammen mit Unternehmensleitungen (Bank für Gemeinwirtschaft und Trägerwerk AG, Lübeck), Gewerkschaften und Medien eine Informationskampagne ankurbelt. Ein Initiativkomitee wurde gegründet. Neue Führungskräfte (davon drei Frauen) wollen mit öffentlichen Aktionen für die Frauenförderung in den Betrieben werben, ein Informationsnetzwerk über die verschiedenen Möglichkeiten betrieblicher Frauenförderung aufbauen. In etwa zwei Jahren, so die Hoffnung der Initiatoren, soll es dann gelungen sein, die Frauenförderung in der Privatwirtschaft anzuregen.
In einem Grußwort, das der Präsident der Arbeitgeberverbände, Dr. Klaus Murmann, der Aktion zur Seite stellt, werden die Interessen der Arbeitgeberseite deutlich: Der Facharbeitermangel soll behoben werden, indem jungen Frauen der Zugang auch in den gewerblich-technischen Bereich erleichtert wird. Teilzeitarbeit wird erweitert und damit ein weiterer Schritt in Richtung Flexibilisierung vollzogen. In der Frage der Kinderbetreuung allerdings ist aus der Sicht der Arbeitgeberverbände „vor allem der Staat gefordert.“ Murmann unterstreicht, daß „die schleswig -holsteinische Initiative zur Frauenförderung in der Privatwirtschaft weitgehend die gleichen Ziele verfolgt wie die Arbeitgeber“. Die haben allerdings bisher Frauenförderungsprogramme, Gleichstellungsbeauftragte oder gar eine Quotenregelung streng abgelehnt. Sie wollen „Chancengleichheit auf der Grundlage des Leistungsprinzips“ (aus: 'Der Arbeitgeber‘, Mai 1990).
So wird sich erst zeigen müssen, ob die Initiative der Frauenministerin in Kiel in erster Linie der Frauenförderung dient oder ob es schlicht um Wirtschaftsförderung geht. Für die Unternehmer muß sich „das rechnen“. Und in den Chefetagen sitzen bis heute nur sechs Prozent Frauen.
Bis es dort darum geht, daß Männer den Frauen Arbeitsplätze und Karriereaussichten abgeben, um ihren Anteil an der Hausarbeit und der Kindererziehung zu übernehmen, ist noch ein weiter Weg. Aber ein solch revolutionärer Sprung in Punkto Durchsetzung der Frauenförderung ist im langsamen Schleswig-Holstein nicht zu erwarten.
Christine Weber-Herfort
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