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Frust-Erlebnis Rechtschreibung

■ Selbsthilfeorganisation: Schlechte Noten für die Legastheniker-Förderung im Land Bremen

„Du nicht sein von hier?“ Mit diesen Worten kommentierte eine Lehrerin die Klassenarbeit, die ein Legastheniker abgegeben hatte. „Eine Unverschämtheit“, meint Leonore Martens, die selbst ein Kind mit Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) hat und sich beim Landesverband Legasthenie Bremen für eine bessere Zukunft der betroffenen Kinder einsetzt.

Bei einer Pressekonferenz des Landesverbandes Legasthenie Bremen (LVL) anlässlich einer Fachtagung am 3. Februar kritisierte Martens Politik und Schulen: Die Lehrerinnen und Lehrer würden in ihrer Ausbildung nicht ausreichend auf die LRS-Problematik vorbereitet. Viele würden einfach nicht erkennen, wenn Kinder unter einer Lese- und Rechtschreibschwäche leiden, so Martens weiter. Es könne nicht angehen, dass Bremen Schlusslicht in Sachen Legasthenie-Diagnose bleibt. Vom bundesweiten Trend, die Bedingungen für Kinder und Jugendliche mit LRS zu verbessern – etwa durch schulrechtliche Bestimmungen –, hat sich Bremen aus Sicht des Landesverbands Legasthenie in den vergangenen zehn Jahren immer weiter entfernt

„Spätestens am Ende der Grundschulzeit muss dem Kind nach einer richtigen Methode die Rechtschreibung beigebracht werden, sonst wird es sehr schwierig“, ergänzte auch der Kinder- und Jugendpsychologe Arnold Richard. Das Problem sei, dass die Lehrer die Lese- und Rechtschreibschwäche der Kinder immer auf die Eltern und auf die sozialen Verhältnisse in der Familie zurückführen würden. Etwa fünf Prozent der Schülerinnen und Schüler im Land Bremen leiden offiziell unter Lese- und Rechtschreibschwächen, die Dunkelziffer soll jedoch deutlich höher liegen – bis zu 15 Prozent.

Die Folge ist, dass viele der betroffenen Kinder wegen der ständigen schlechten Noten die Lust verlieren, in die Schule zu gehen. „Ihnen wird der Spaß am Lernen genommen“, meint Martens. Auch kleine Erfolge der Schüler würden nicht gelobt, macht Psychologe Richard die Lage der Kinder klar. Fazit: Es sei zum Heulen, wie wenig Bremen im Gegensatz zu Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein zur Unterstützung von Legasthenikern tut.

Siamak Tahmasian

Informationen gibt es bei Leonore Martens vom Landesverband Legasthenie Bremen unter Tel. 0421-32 53 35 oder Fax 0421-22 99 86.

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