piwik no script img

Frühlingswind aus Moskau

■ US-Außenminister Shultz traf Parteichef Gorbatschow / Offenbar Fortschritte bei Abrüstungsverhandlungen erzielt / Regionale Konflikte sind schwerer zu regeln

Moskau (afp/taz) – „Noch eine Chance“ sieht Kremlchef Gorbatschow, vor dem nächsten Gipfeltreffen der beiden Großmächte einen Vertrag über die Reduzierung der strategischen Atomraketen abschließen zu können. Der Generalsekretär zeigte sich damit vor dem Gespräch mit US-Außenminister Shultz am Montag vorsichtiger als der sowjetische Außenminister Schewardnadse, der am Vortag von „guten Aussichten“ für einen solchen Vertrag vor dem Treffen von Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan im Mai oder Juni gesprochen hatte. Neben Abrüstungsfragen standen der Nahost-Konflikt, der Golf-Krieg sowie Afghanistan auf der Tagesordnung des Gesprächs zwischen Gorbatschow und Shultz. Ein ranghoher US-Regie rungsvertreter teilte am Nachmittag mit, ein Schlußkommunique sei in Vorbereitung. Vermutlich würden darin die Fortschritte bei der Abrüstung im Vordergrund stehen. Shultz wollte noch im Verlauf des Tages vor die Presse treten. Er habe in einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Schewardnadse die Frage eines Abkommens über die Halbierung der Langstreckenwaffen erläutert. Es bestehe die Chance, daß diesbezügliche Fortschritte im Schlußkommunique vermeldet werden könnten. Auf die Frage von Journalisten nach der Bildung einer Übergangsregierung in Afghanistan sagte Gorbatschow, dort müsse „der Friede hergestellt werden“; das Land solle blockfrei werden und „gute Beziehungen mit seinen Nachbarn und sowohl den USA als auch der UdSSR unterhalten“. Shultz war am Morgen von Ministerpräsident Nikolai Ryschkow empfangen worden. Er hatte am Vortag bei drei Gesprächen mit Schewardnadse, deren Stimmung von beiden Seiten als „exzellent“ bezeichnet wurde, Verhandlungen über Regionalkonflikte, Abrüstung und Afghanistan geführt. Nach Angaben von Diplomaten sprachen die beiden unter anderem über die Modalitäten des sowjetischen Truppenabzuges aus Afganistan sowie ein Waffenembargo gegen den Iran. Die UdSSR hat angeboten, bis Mitte Mai mit einem Truppenabzug aus Afghanistan zu beginnen. Sonntag abend traf sich Shultz mit dem sowjetischen Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow und einer anderer Menschenrechtsaktivisten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen