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Archiv-Artikel

Froschmänner gegen Abnicker

Tabubrecher und Verstand-Verlierer: Die beiden Polizeigewerkschaften in NRW kultivieren ihre Abneigung, anstatt sich gemeinsam gegen die Sparpläne der Landesregierung zu wehren

VON KLAUS JANSENUND MARTIN TEIGELER

Vielleicht hat Horst Engel verängstigt durch die Gardinen gelugt. Seine Familie soll sich belästigt gefühlt haben. „Ich will mich dazu nicht mehr äußern“, sagt der FDP-Landtagsabgeordnete. Es war bizarr, was die Familie Engel am vergangenen Dienstag in ihrer nachösterlichen Ruhe störte: An ihrem Wohnort Pulheim marschierten Froschmänner auf. Und seitdem gehen die beiden Polizeigewerkschaften in NRW aufeinander los.

Rund 40 Polizisten, einige verkleidet in grünen Froschkostümen, hatten in Pulheim gegen die Sparpolitik der schwarz-gelben Landesregierung demonstriert. Zu der Aktion aufgerufen hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) – aus Zorn über eine angebliche Äußerung des Freidemokraten Engel. „Man fragt ja nicht die Frösche, wenn man einen Teich trockenlegen will“, soll der Innenpolitiker über die Kritik der Gewerkschaft an der NRW-Polizeireform gesagt haben. „Das ist eine sprachliche Eskalation“, empört sich GdP-Landeschef Frank Richter. Engels „Amphibienvokabular“ rechtfertige einen Aufmarsch allemal. Außerdem habe man nicht direkt vor Engels Haustür, sondern nur auf dem Pulheimer Marktplatz demonstriert.

Die kleine Demo hat ausgereicht, um NRW-Polizisten zu entzweien. Statt gemeinsam gegen Polizeireform, Sparpläne und die wirre Aneinanderreihung von Pannen bei den Uniformierten (siehe unten) anzugehen, dreschen die Landesvorsitzenden der GdP und der kleineren Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) verbal aufeinander ein. Einige Kollegen hätten „scheinbar komplett den Verstand verloren“, poltert der DPolG-Chef Rainer Wendt. Die Demo sei ein „Tabubruch“ und ein „unappetitlicher Vorgang“, sagte er der taz. „In welchem Land leben wir, dass in die Privatsphäre von Politikern eingegriffen wird?“ GdP-Chef Richter hingegen nennt Wendts Kritik „nicht nachvollziehbar“ und „unsauber“.

Hinter der Pulheimer „Froschaffäre“ steckt eine lang gehegte Abneigung – zwischen eher linken und eher rechten Polizisten, zwischen gehobenem Dienst und so genannten „Streifenhörnchen“. Die konservative und im Deutschen Beamtenbund organisierte DPolG vertritt in NRW rund 7.500 Polizisten, meist Kommissare und höhere Beamte. Mit der Landesregierung versteht sie sich gut. CDU-Finanzminister Helmut Linssen bekam unlängst Besuch von seinem Parteifreund Wendt, um „gemeinsame Perspektiven“ auszuloten. „Wir müssen auch reden, nicht nur demonstrieren“, sagt Wendt.

Die mit etwa 38.000 Mitgliedern deutlich stärkere DGB-Gewerkschaft GdP versteht sich hingegen als Speerspitze im gewerkschaftlichen Protest gegen die Haushaltspläne der Regierung Rüttgers. Zur bislang letzten Großdemo vor dem Düsseldorfer Landtag kamen 2.400 GdP-Aktivisten. „Es ist erstaunlich, wie viel die leisten. Sie sind enorm wichtig“, sagt DGB-Sprecherin Sigrid Wolf.

Durchaus gelegen kommt die Fehde der Gewerkschaften FDP-Innenminister Ingo Wolf, auch wenn sein Sprecher den Streit nicht kommentieren wollte. Dass Wolf, Parteifreund Engel und die schwarz-gelbe Koalition laut GdP rund 1.400 Stellen streichen und Polizeiwachen zusammenlegen wollen, gerät fast zur Nebensache.