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Frontalangriff auf die Liebenden

■ betr.: „Transrapid stoppt ICE Hamburg-Berlin“, taz vom 2.2.94

[...] Da ich wegen der Liebe meines Lebens einen wöchentlichen Pendelverkehr Alster-Spree mit meiner Freundin aufrecht erhalte und wir beide, der Göttin sei Dank, keine Autos besitzen, sind wir auf die Bahn angewiesen. Wer wirklich liebt, weiß, daß man die Angebetete am Freitagabend gar nicht schnell genug sehen kann, deswegen haben wir beide uns auch wahnsinnig auf den Zug mit dem Gesicht eines toten Aales gefreut. Und jetzt wollen diese Verrückten die Magnetmöhre bauen, für die Unsumme von fast neun Milliarden Mark, die erst im Jahre 2004 fertig sein wird!

Jetzt frage ich mich natürlich einmal, wo dieses Geld denn herkommen mag, wobei anzunehmen ist, daß es am Ende doch wieder erheblich mehr sein wird, die Fahrpreise also steigen müssen. Zweitens verstehe ich nicht, warum der ICE plötzlich die schlechtere Alternative zur Schwebebahn sein soll, die Deutsche Bahn war schließlich so hemmungslos begeistert von ihrer Huschhusch mit den türkisfarbenen Klobrillen! Drittens will ich persönlich so schnell wie möglich am Wochenende zu Martina nach Berlin und zwar übermorgen schon wieder und nicht in zehn Jahren, um dann vielleicht von Potsdam, oder wo dieses Magnetgerät auch immer seinen Zielbahnhof haben wird, mit der S-Bahn in die Stadt reingurken zu müssen. Ergo, der ICE-Baustopp ist meiner Ansicht nach großer Käse, das Schwebeteil zu teuer und die Pläne in ihrer Gesamtheit ein Frontalangriff auf die Liebenden zwischen den beiden Städten, die jedes Wochenende um Minuten gemeinsamer Leidenschaft kämpfen! Sascha Langenbach, Hamburg

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