piwik no script img

Fritz Teufel und die taz"Ich erwarte viel zu viel"

"Eine neue Zeitung ist die Frau meiner Träume seit 67." Dies schrieb Fritz Teufel zur Vision einer linken Tageszeitung, wie sie 1978 diskutiert wurde – und aus der schließlich die taz hervorging.

Fritz Teufel 1967 bei einer Sitzdemonstration vor dem Polizeipräsidium in Frankfurt. Bild: dpa

Im folgenden eine Dokumentation von Fritz Teufels Vision einer linken Tageszeitung, die er im Februar 1978 aus dem Gefängnis Moabit schrieb:

Von einer neuen Tageszeitung erwarte ich viel zu viel.

Eine neue Zeitung ist die Frau meiner Träume seit 67. Daß sie doch auftauchte und nicht gleich wieder verschwände. Für alle Fraktionen und Gruppierungen der alten neuen Linken sollte sie mit den entsprechenden ideologischen Scheuklappen geliefert werde, sich aufs schärfste von sämtlichen anderen Parteien, Klicken und Sümpfen distanzieren, welchselbige ja alle erwiesenermaßen der Reaktion (nicht der Redaktion) in die beharrten Pfoten arbeiten und, um die Schande voll zu machen, objektiv Bullen und teleobjektiv Mondkälber sind. Die Frau meiner Träume macht alle glücklich. Sie fegt Mauern weg wie nix. Ghettomauern, Knastmauern und das Monstrum vom dreizehnten August.

Sie enteignet Springer durch Abspenstigmachen der Leser. Sie wird von Frauen, Kindern, Türken, Indianern, Schülern, Studenten, Gefangenen und anderen Rentnern, von Lohn- und anderen Drogenabhängigen für ihresgleichen gemacht. Sie profitiert von ID, Courage, Münchner Blatt, Kölner Volksblatt und vielen anderen Ansätzen zu alternativen Medien in Deutschland und anderswo.

Auch mit schlechten Augen wird man sie ohne Lupe lesen können. Auch ohne mehrjähriges Studium der heiligen Schriften des Marxismus wirf frau sie verstehen können. Sie wird nen Sportteil haben und nen Lokalteil für alle Regionen. Olle Gutenberg kann endlich aufhören, im Grabe zu rotieren und anfangen sich zu freuen, daß er die schwarze Kunst erfunden hat. Karl Valentin wird eine Kolumne kriegen und falls der schon tot sein sollte, vielleicht auch ich. Die Frau meiner Träume wirds nicht leicht haben. Ich wünsch ihr Glück.

Herzlichen Gruß, Fritz.

***

Mehr zur Geschichte der taz

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • J
    joerg

    die Zeitung, von der Fritz Teufel träumt, existiert schon seit längerem nicht mehr.