■ Kommentar: Frisch auf den Tisch
Na, bravo. Alle Achtung. Abgeordnete der Bürgerschaft legen sich mit dem Senat an. Hat mensch sowas schon gehört?!
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuß Polizei hat die Stirn, der Regierung des Stadtstaates selbige zu bieten. Gar verklagen will er den Senat, auf daß ihm all die Akten vorgelegt werden, deren Studium so unerläßlich ist, um auch nur ein klein wenig Licht in das Dunkel des Hamburger Polizeiskandals zu bringen. Doch der Senat denkt gar nicht daran, irgendetwas erhellen zu wollen, und die üblen Machenschaften Hamburger Polizisten erst recht nicht.
Das Imperium schlägt zurück, und die, die ihn kraft Amtes beherrschen sollen, schrecken zurück. Unterstellen wir doch einfach mal, daß Innensenator Wrocklage es ernst meinte, als er bei seinem Amtsantritt vor drei Monaten versprach, den Polizeiskandal „rückhaltlos“ aufklären zu wollen. Wer ihm das damals glaubte – und zu diesen Optimisten gehörte auch die taz hamburg –, könnte jetzt zu dem Schluß kommen, daß aus rückhaltlos unter dem Druck des real existierenden Apparats ein rückgratlos wurde.
Die Akten gehören auf den Tisch des dazu berufenen parlamentarischen Kontrollgremiums, wenn dieses überhaupt eine Existenzberechtigung haben soll. Sonst könnte es auch gleich wieder wegen offensichtlicher Nutzlosigkeit abgeschafft werden. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, was in den internen Unterlagen von Polizeiführung und Innenbehörde so drinsteht. Eine Affäre von der Güteklasse des Hamburger Polizeiskandals darf nicht den Geheimniskrämern überlassen werden.
Sven-Michael Veit
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