Friedrichshainer Wagenburg bekommt Nutzungsvertrag: Wagenburg setzt sich durch
Die Linke entdeckt ihr Herz für Friedrichshainer Wagenburg. Zusammen mit den Grünen will sie nun für einen langfristigen Nutzungsvertrag stimmen. Ein geplanter Sportplatz soll andernorts entstehen.
Die BewohnerInnen der Wagenburg "Laster & Hänger" in Friedrichshain haben wieder Grund zur Hoffnung. Denn die Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg hat überraschend ihre Position gewechselt. Bei der entscheidenden Sitzung des Bezirksparlament am heutigen Mittwoch dürfte daher doch eine Mehrheit für den Erhalt der Wagenburg stimmen.
Der Bezirk plant, seine Freizeitflächen auszudehnen. Auf dem Grundstück Modersohnstraße Ecke Revaler Straße ist daher ein Sportplatz geplant. Zwar leben dort rund 30 Bewohner der Wagenburg. Doch werden vom Bezirk bisher nur geduldet. Erst in der letzten Woche hatte die Linksfraktion im Bezirksausschuss für Stadtplanung und Bauen gemeinsam mit SPD und CDU für die Errichtung des Sportplatzes gestimmt (taz berichtete). Die BewohnerInnen von "Laster & Hänger" hatten dies als "Entscheidung der Linken gegen die Wagenburg" klassifiziert und für die BVV-Sitzung Proteste angekündigt.
Doch hinter den Kulissen wurden schon Vorentscheidungen getroffen. Am Montagabend einigten sich Grüne und Linke auf ein gemeinsames Vorgehen. Danach sollen die BewohnerInnen der Wagenburg nun einen langfristigen Nutzungsvertrag für das Gelände bekommen. Für die von beiden Seiten als notwendig erachtete Erweiterung der Sport- und Freizeitanlagen in dem Bezirk sollen Areale in der Nachbarschaft erschlossen werden. Dabei wird auf das RAW-Gelände verwiesen, das auf der andere Seite der Revaler Straße liegt.
Die Linke habe durch die Änderung ihrer Position das gemeinsame Vorgehen möglich gemacht, sagt der Fraktionsvorsitzender der Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg, Daniel Wesener. Sie habe nun zur Wagenburg die Haltung angenommen, die die Grünen die ganze Zeit vertreten haben.
Tatsächlich hatte sich schon nach einer Klausurtagung von Bezirksvorstand und Fraktion der Linken am Wochenende die neue Linie abgezeichnet. "Laster und Hänger sollen bleiben. Sportplatz soll kommen", hieß es in einer Presseerklärung der Linken vom Montag. Die Positionsveränderung sei Ergebnis eines parteiinternen Diskussionsprozesses gewesen, sagte Halina Wawzyniak vom Bezirksvorstand. Dabei sei Konsens gewesen, dass im Bezirk sowohl Freiräume für alternative Lebensentwürfe als auch ausreichend viele Flächen für den Schul-, Freizeit und Vereinssport benötigt werden. Die heftige Kritik am Abstimmungsverhalten der VertreterInnen der Linken in der letzten Woche habe hingegen keinen Einfluss auf die Beschlüsse gehabt, betont Wawzyniak.
Zwar verfügen Grüne und Linksfraktion im Bezirksparlament zusammen über eine absolute Mehrheit. Doch die Wagenburg-BewohnerInnen bleiben zurückhaltend. "Wir werden noch keine Siegesfeier veranstalten", betonte eine Sprecherin. Schließlich sei den BewohnerInnen auch in der vergangenen Woche schon erklärt worden, die Linke wolle die Wagenburg erhalten. Im Ausschuss habe sie dann doch anders abgestimmt. Es bestehe auch immer noch die Gefahr, dass die Angelegenheit erneute vertagt wird und damit die Ungewissheit für die BewohnerInnen weitergeht, fürchtet die Wagenburg-Sprecherin. Deshalb halte man auch an dem Aufruf fest, ab 17 Uhr die öffentliche BVV-Sitzung im Bezirksamt Kreuzberg in der Yorkstraße 4-11 zu besuchen und die Abstimmung zu beobachten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann