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Friedhofschändung: Skins festgenommen

■ Im Südwesten Deutschlands wurden in diesem Jahr bereits 17 Anschläge gegen jüdische Friedhöfe verübt Stuttgarter Landeskriminalamt vermeldete nach einer Razzia die Festnahme von vier jugendlichen Skinheads

Stuttgart (taz) — Nach einer beispiellosen Serie von Schändungen jüdischer Friedhöfe im Südwesten sucht die Polizei die Täter unter den rechtsradikalen Skinheads. Im Zusammenhang mit den jüngsten Anschlägen vermeldete das Stuttgarter Landeskriminalamt (LKA) einen weiteren Fahndungserfolg: Vier jugendliche Skinheads, die gestern festgenommen wurden, gestanden, am Wochenende Anschläge gegen die beiden Friedhöfe im Kreis Ludwigsburg verübt zu haben.

Zuvor waren bereits vier Verdächtige festgenommen worden, die ebenfalls der Skinhead-Szene zugerechnet werden und an den Verwüstungen jüdischer Grabfelder in Stuttgart, Tübingen und Hechingen beteiligt gewesen sein sollen. Die Auffassung des LKAs, die Täter aus den Skin- Cliquen seien anpolitisiert, teilt auch der Historiker Eberhard Jäckel.

Er vermute die Täter bei gewaltsamen, jugendlichen Nationalisten, sagte Jäckel im taz-Interview. „Ich würde sie aber als Verführte bezeichnen, und die haben bekanntlich ihre Verführer. Diejenigen, die den Tätern die Ideen liefern, sind wohl in nationalistischen, fremdenfeindlichen rechten Gruppierungen zu suchen. Bei denjenigen, die diese Ideen verbreiten, scheint jedoch antisemitisches Gedankengut vorhanden zu sein, wenn sie etwa den Mord an europäischen Juden im Zweiten Weltkrieg leugnen.“

Obgleich der weitaus größte Teil der deutschen Öffentlichkeit verschreckt betroffen auf die Schändungen der jüdischen Friedhöfe reagiert, gab es bislang keine massiven Proteste wie etwa in Frankreich nach ähnlichen Taten.

„Wenn die Täter provozieren wollen, werden die Gegenreaktionen von ihnen als Beweis für die Richtigkeit ihrer Aktionen genommen. Man darf derartige Provokationen zwar nicht einfach hinnehmen. Aber man sollte auch nicht überreagieren“, gibt Jäckel zu bedenken. TAGESTHEMA SEITE 3

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