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Friedensskepsis McCASH FLOW

Nach der teilweise stürmischen Aktienhausse sorgten am Dienstag dieser Woche Gewinnmitnahmen für einen deutlichen Einbruch; der Deutsche Aktienindex (DAX) kam dabei mit einem Minus von 2,2 Prozent besonders heftig unter die Räder. Nicht nur Gewinnmitnahmen wie in New York, Tokio oder Zürich, sondern die saftigen Steuererhöhungen der Bundesregierung sorgten in Frankfurt für Verstimmung. Daß außerdem das Rückzugsangebot Saddam Husseins den Krieg weiter in die Länge ziehen könnte, wurde als zusätzliche Belastung gewertet.

Die Börse ist als Seismograph den eigentlichen Ereignissen wieder einmal voraus: Während die Kurssteigerungen der letzten Wochen einen schnellen „Sieg-Frieden“ vorwegnahmen, schiebt sich jetzt eine zähe Patt-Situation ins Blickfeld. Die militärischen Erfolge, die die internationalen Streitkräfte jetzt erzielen, sind in den erhöhten Kursen der letzten Wochen ebenso enthalten wie der erwartete Rückzug Iraks aus Kuwait.

Daß die Erwartung nun tatsächlich eintritt, kann somit an den Börsen keine Euphorie mehr auslösen, im Gegenteil erweist sich einmal mehr die Regel „Gute Nachrichten sind für die Börse schlechte Nachrichten“ als gültig: Wer sich nach der Rothschild-Parole „Kaufen, wenn die Bomben fallen“ bei Kriegsbeginn Aktien zulegte und sie jetzt, wo ein Kriegsende absehbar wird, wieder verkauft, konnte nicht nur in Wall Street, sondern auch an allen anderen Börsenplätzen mit gewöhnlichen Standardpapieren in sechs Wochen einen satten Gewinn von 20 Prozent einstreichen. An der Börse rechnet man damit, daß die Mitnahme dieser Gewinne die Kurse auch in der nächsten Zeit noch belasten wird — an der Deutschen Terminbörse erwiesen sich Puts — Optionen auf fallende Kurse — am Dienstag als Renner.

Die Siegesgewißheit weicht der Friedensskepsis, was sich auch an den Finanzmärkten zeigt: Zwar konnte das weitere Vorrücken der US-Streitkräfte den Dollar am Dienstag auf 1,52 D-Mark hieven, nachdem am Montag die Meldung über den Rückzug und die Möglichkeit eines politischen Überlebens von Saddam Hussein für ein Absinken des Greenbacks gesorgt hatte; insgesamt aber sieht man auf den Finanzmärkten kein Potential für einen größeren Anstieg des Dollars.

Die Devisenhändler blicken bereits über ein Kriegsende hinaus und sehen ein eher negatives Szenario für die US-Wirtschaft.

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