: Frieden mit der Natur
■ betr.: "Grenzenlose Ostermärsche", "Das gesamtdeutsche Ende der Ostermärsche?", "Ostermarsch out - Nato in", taz vom 17.4.90
betr.: „Grenzenlose Ostermärsche“, „Das gesamtdeutsche Ende der Ostermärsche?“, „Ostermarsch out - Nato in“,
taz vom 17.4.90
Unsere alt gewordene Friedensbewegung wird mir immer fragwürdiger. Für mich heißt aus meiner Geschichte lernen nicht nur: „Nie wieder Krieg“, sondern auch: „Was tun wir heute, was hinterlassen wir unseren Kindern und Enkelkindern?“ (...)
Darum heißt heute für mich Frieden auch und vor allem: Frieden mit der Natur. Und wir wissen, wenn wir zum Beispiel in der BRD 30 Millionen Autos fahren und wir in der reichen Ersten Welt 70 Prozent der globalen Energien verpulvern, daß wir damit den Frieden weltweit zerstören. Wenn alle Menschen dieser Erde so leben würden wie wir, wäre sie morgen kaputt. Und wenn ich überall an den Autos Friedenstauben sehe, so habe ich den Eindruck, daß die Friedensbewegung überdurchschnittlich an der Zerstörung des Friedens beteiligt ist. Und wenn nun gesagt wird: „Ja, aber ich gebrauche mein Auto“, warum bekleben sie dann ausgerechnet den Umweltzerstörer Nummer 1 mit Friedenstauben?
Über dieses Dilemma kommt man dann zu so näckischen Späßchen wie Osterhasen für den Frieden, Reiten und Segeln für den Frieden und wohl bald auch noch Golfen für den Frieden. Denn wir sind ja alle für den Frieden und auch so schön friedlich. Aber der Weltuntergang für unsere Enkel in 50 Jahren ist uns immer noch lieber, als jetzt unser Tun radikal in Frage zu stellen und anders zu leben.
„Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ kann man nicht herbeireden; das muß radikal gelebt und erkämpft werden. Wir können Zeichen setzen, solidarisch und auch allein, für eine ganz neue Friedensbewegung. (...)
Ludwig Baumann, Bremen
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